Kreis Lörrach Nachfolger händeringend gesucht

Michael Werndorff
Rund 190 000 KMU stehen in Deutschland noch in diesem Jahr vor einer Übergabe. Foto: pixabay

Das Handwerk sieht zunehmende Probleme bei der Betriebsnachfolge.

„Ich bin optimistisch, bald einen Nachfolger zu finden. Solange führe ich meine Werkstatt noch weiter“, erzählt Werner Weißenberger im Gespräch mit unserer Zeitung.

Der 70-jährige Kfz-Mechanikermeister sucht seit fünf Jahren einen Nachfolger für seine unabhängige Werkstatt in Zell im Wiesental. „Ich hatte einen guten Mann in der Werkstatt, einen Allrounder.“ Die Büroarbeit sei aber nichts für ihn gewesen, schildert er die Schwierigkeiten, einen Nachfolger für sein Unternehmen zu finden, das er seit 30 Jahren führt. „Es gab Interessenten, allerdings hat es nie richtig gepasst.“ Dann kamen Corona, Krieg und hohe Zinsen, was laut Weißenberger zu Unsicherheit und Zurückhaltung führte. Hinzu kommen hohe rechtliche Hürden, viel Bürokratie und nicht zuletzt die Sicherstellung der Finanzierung.

Alles versucht

Der Kfz-Meister hat bei seiner Suche nach einem Nachfolger nichts unversucht gelassen: Er ist in einer Betriebsbörse der Handwerkskammer vertreten, zudem hat er Unternehmen angeschrieben und diese über die Übernahmemöglichkeit informiert. Weißenberger ist nicht allein: Einen langen Atem beweist auch Hans Jürgen Misslak aus Weil am Rhein. Der Inhaber eines Gebrauchtwagenhandels und Markisenfirma kann den Optimismus Weißenbergers indes nicht teilen. „Das ist eine Generationenfrage. Den jungen Leuten fehlt es an Mut für den Sprung in die Selbständigkeit.“

Kunden haben Nachsehen

Auch sei die viele Arbeit, die man als Selbstständiger habe, abschreckend, fasst er zusammen. Findet sich niemand, der in seine Fußstapfen tritt, müsse er das Geschäft liquidieren – letztlich hätten die Kunden das Nachsehen

Kurzum: Das Handwerk sieht zunehmende Probleme bei der Betriebsnachfolge. „Es fällt immer schwerer, Betriebsnachfolger zu finden oder Meisterinnen und Meister, die sich selbstständig machen oder ein Unternehmen gründen wollen“, wird Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zitiert. Konkret werden deutschlandweit innerhalb der nächsten drei Jahre mehr als eine halbe Million Nachfolgen in kleinen und mittleren Betrieben (KMU) anstehen.

Es gibt aber auch positive Signale: Aus dem Nachfolge-Monitoring Mittelstand 2022 geht hervor, dass fast zwei Drittel der Unternehmensinhaber, die bis Ende 2023 eine Betriebsübergabe planen, die Nachfolge schon geregelt haben – das sind rund 120 000 Unternehmen. Rund 190 000 KMU stehen in Deutschland noch in diesem Jahr vor einer Übergabe.

Derweil ziehen die Handwerkskammern Freiburg, Karlsruhe und Region Stuttgart nach einer dreijährigen Kooperation eine äußerst positive Bilanz des Projekts „Nachfolgenetzwerk Baden-Württemberg“, welches zum Ziel hatte, die Betriebsnachfolge im Handwerk zu unterstützen. Das Projekt erhielt finanzielle Förderung vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, um den langfristigen Erhalt und die Weiterentwicklung handwerklicher Betriebe in den Regionen zu gewährleisten. 45 Prozent der Betriebsinhaber sind älter als 50 Jahre und werden somit in den nächsten zehn bis 15 Jahren ihren Betrieb übergeben. Häufig fehlt es jedoch an passenden Übernehmern, heißt es seitens der Handwerkskammer Freiburg.

Nachfolgenetzwerk

Mit dem „Nachfolgenetzwerk Baden-Württemberg“ sollten Wege gefunden werden, um das Bewusstsein für die Betriebsnachfolge im Handwerk zu schärfen. Mit einer Reihe gezielter Maßnahmen und Veranstaltungen haben die Handwerkskammern in der dreijährigen Projektlaufzeit auf das Thema aufmerksam gemacht, heißt es weiter.

Eine wichtige Rolle spielt die regionale Betriebsbörse: Auf der eigens eingerichteten Online-Plattform können Übernahmeangebote und -gesuche eingestellt werden. Mehr als 81 Einträge wurden während des Projekts verzeichnet, was die Relevanz dieses Angebots unterstrich, bilanziert die Handwerkskammer Freiburg.

Dass Onlinebörsen zum Erfolg führen können, weiß Bianca Scheffelt vom Metallbauunternehmen Scheffelt in Weil am Rhein. Über die Plattform „nexxt-change“ kam sie zu einem passenden Nachfolger, der mit eingestiegen ist. „Bei uns hat die Nachfolge geklappt. Ein einfacher Weg war es aber nicht.“ Gemeinsam mit Klaus Neumann leitet sie den Betrieb, der aufgrund seiner Größe nicht allein geführt werden könne. Die Suche gestaltete sich nicht einfach: Aus dem Kreis der Mitarbeiter fand sich niemand. „Die Selbstständigkeit muss einem schon liegen, zudem braucht man ein dickes Fell und viel Organisationstalent. Als Unternehmer kämpft man schließlich an allen Fronten. Letztlich hatten wir aber Glück, und die Nachfolge war in trockenen Tüchern.“

Rechtzeitig planen

Gut lief es auch bei Michael Böhler vom gleichnamigen Autopark in Schopfheim. Für nächstes Jahr ist die komplette Übergabe des Betriebs geplant. Nachfolger sei ein „Eigengewächs“ des Betriebs – die optimale Lösung, wie Böhler findet. Dieser betreibt die Öffentlichkeitsarbeit der Kfz-Innung und weist darauf hin, dass Firmeninhaber rechtzeitig Ausschau nach einem Nachfolger halten müssten.

„Wir empfehlen unseren Mitgliedsbetrieben, frühzeitig in die Planung zu gehen, denn der Wettbewerb ist angesichts der vielen Angebote groß.“ Zudem würde die Handwerkskammer Hilfestellung leisten, sagt Böhler im Gespräch mit unserer Zeitung. Weitere Institutionen und auch Hausbanken können bei der Planung Unterstützung leisten.

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