Kreis Lörrach Nichterfüller springen in die Bresche

Michael Werndorff
An den allgemeinbildenden Gymnasien ist der Unterrichtsausfall relativ hoch. Foto: Archiv

Bildungspolitik: Kultusministerium präsentiert Zahlen zum Unterrichtsausfall in Landkreisen.

Kreis Lörrach - Das Kultusministerium hat zum zweiten Mal eine Vollerhebung des Unterrichtsausfalls an allen öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg durchgeführt. Dabei kam heraus, dass sich die Lage insgesamt um einen halben Prozentpunkt verbesserte, der Landkreis Lörrach aber bei den meisten Schulformen über dem Landesschnitt liegt. Kritik kommt von Seiten der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) Lörrach.

„Mit den Ergebnissen der zweiten Vollerhebung sind wir nun einen Schritt weiter auf dem Weg zu einer soliden Datenbasis mit schulscharfem Steuerungswissen. Mit jeder Vollerhebung werden wir die Unterrichtsversorgung noch besser einschätzen und analysieren können“, wird Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) in einer Mitteilung zitiert.

An den einzelnen Schularten gab es den geringsten Unterrichtsausfall mit einem Prozent an den Grundschulen (Landkreis Lörrach 1,3 Prozent), gefolgt von den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren mit Förderschwerpunkt Lernen mit 1,8 Prozent (5,9).

Bei den Gemeinschaftsschulen lag der Unterrichtsausfall bei 2,5 Prozent (2,5) und bei den Haupt- und Werkrealschulen bei drei Prozent (3,3). Die beruflichen Schulen verzeichnen mit 6,2 Prozent (sieben) den höchsten Unterrichtsausfall. Ihnen folgen die allgemein bildenden Gymnasien mit 4,9 Prozent (6,2) und die Realschulen mit 3,9 Prozent (3,7) Unterrichtsausfall.

Kein ersatzloser Ausfall

In 60,1 Prozent der Fälle entfiel der Unterricht trotz der Abwesenheit der Lehrkraft aber nicht ersatzlos, sondern konnte vertreten werden, geht aus dem Zahlenwerk hervor. Im Vergleich zur ersten Vollerhebung ist der Unterrichtsausfall leicht zurückgegangen. Dies lasse sich laut Kultusministerium vermutlich auch darauf zurückführen, dass im Juni vermehrt außerunterrichtliche Veranstaltungen stattfinden und Vertretungslehrkräfte im November besser gewonnen werden können.

GEW-Vorsitzende Anja Hanke erklärte im Gespräch mit unserer Zeitung, dass der Unterrichtsausfall an Grundschulen landesweit nur deshalb rückläufig sei, weil er durch Vertretungsdienste aufgefangen werden konnte. Wenn zwei Klassen zusammengelegt und von einer Lehrkraft betreut werden, habe das mit Unterricht aber nichts mehr zu tun. „Dieser kann in solchen Fällen nicht stattfinden“, moniert Hanke.

Löchrige Statistik

Laut GEW werde zudem statistisch nicht erfasst, wenn Schulen bereits zu Beginn des Schuljahres Pflichtunterricht kürzen oder für die gestiegenen Herausforderungen und Aufgaben zu wenige Lehrkräfte in den Klassenzimmern stehen.

Erschwerend kommen unbesetzte Lehrerstellen sowie befristete Arbeitsverhältnisse hinzu, verweist Hanke auf die sogenannten Nichterfüller, also Lehrer ohne das offizielle badenwürttembergische Examen. Diese sind insbesondere in Grundschulen und Vorbereitungsklassen tätig. Ohne deren Einsatz wäre die Ausfall-Quote deutlich höher. Die Kollegen hangeln sich von Vertrag zu Vertrag und werden vor den Sommerferien immer entlassen, weiß Hanke.

Befristete Stellen

Allein im Schulamtsbereich Lörrach/Waldshut sind rund 180 Personen befristet beschäftig, wobei 75 Prozent davon Nichterfüller sind. Dies liege zum einen daran, dass hier der Lehrermangel besonders groß ist, verwies sie bei einem Pressegespräch im Dezember auf den ländlichen Raum, die Nähe zur Schweiz und zum „Lehrermagnet“ Freiburg. Zum anderen liege es daran, dass das Schulamt Lörrach außergewöhnlich große Anstrengungen unternehme, den Lehrermangel zu lindern und viele Personen außerhalb der Schulen rekrutiere.

Außerdem steige die Zahl der Lehrer ohne Ausbildung landesweit kontinuierlich an, und zwar von 837 im Schuljahr 2016/17 auf 1438 im vergangenen Jahr. Für Hanke sei es wichtig, Nichterfüllern Weiterqualifizierungsangebote für einen Quereinstieg zu unterbreiten und sie fachlich zu begleiten, aber die Landesregierung zeige hier kein Entgegenkommen.

Kulturministerin Susanne Eisenmann erklärte nun, dass eine Vertretungsquote von 100 Prozent eine Illusion darstelle, man aber dennoch Hinweise darauf erhalten wolle, wie der Unterrichtsausfall künftig im Einzelnen noch besser aufgefangen werden kann.

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