Kreis Lörrach Noch liegt vieles im Nebel

Die Oberbadische
Das Bundesteilhabegesetz soll die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen stärken und die Teilhabe am Arbeitsleben verbessern. Foto: Archiv Foto: Die Oberbadische

Teilhabe: Auswirkungen des Bundesteilhabegesetzes sind kaum absehbar / Kreis erwartet Mehrkosten

Das Ende 2016 beschlossene Bundesteilhabegesetz (BTHG) soll die Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung stärken. Die Auswirkungen des Gesetzespakets, das in vier Stufen bis zum Jahr 2023 umgesetzt wird, sind für den Kreis bisher kaum absehbar, wie Hugo Mehlin, Leiter des Fachbereichs Soziales im Landratsamt, dieser Tage im Sozialausschuss erklärte. Um die Lage zu beschreiben, verwendete Mehlin das Bild eines im Nebel stehenden Leuchtturms.

Von Michael Werndorff

Kreis Lörrach. Die Situation ist seit der jüngsten Stellungnahme der Verwaltung im September vergangenen Jahres nicht wesentlich klarer geworden, wie Mehlin eingangs seiner Ausführungen zu den Auswirkungen des BTHG sagte. Das Gesetz bringt eine ganze Reihe neuer Regeln und Verfahren sowie Umstrukturierungen mit sich, welche bundesweit Verwaltungen vor Herausforderungen stellt. Der Systemwechsel zielt neben der Verbesserung der Lebenssituation Betroffener auf eine rechtliche Harmonisierung und eine bessere Kontrolle der Kosten der Eingliederungshilfe ab, zudem wird diese aus dem Recht der Sozialhilfe ausgegliedert und in eigenständiges Recht überführt.

„Vieles ist aber nach wie vor offen“, merkte Mehlin bereits vergangenen September an. Fest steht mittlerweile: Bei den neuen Verfahrensregeln, die seit Beginn des Jahres gelten, muss der leistende Rehaträger seine Zuständigkeit innerhalb von 14 Tagen klären, wie Mehlin darlegte. Sind mehrere Träger verantwortlich, ist ein Antragsplitting vorgesehen.

Mehraufwand auch für Betroffene

Die Folge ist ein trägerübergreifendes Teilhabeplan- und ein erweitertes Gesamtplanverfahren, erklärte Mehlin weiter. So rechnet das Land laut Regierungsentwurf mit rund 15 bis 20 Prozent komplexen Fällen, die eine intensivere Planung vorsehen. Zudem muss in allen Eingliederungshilfefällen alle zwei Jahre ein neuer Teilhabeplan aufgestellt werden, und das Dokumentationsverfahren wird deutlich aufwendiger. In diesem Zusammenhang ist bei der Fallsteuerung mit einem Personalmehrbedarf von 50 Prozent zu rechnen. Finanziell wird der Kreis hier dementsprechend mit etwa 0,58 Millionen Euro mehr belastet, wie der Fachbereichsleiter ausführte.

Offen ist, in welchem Umfang das Land die Mehrkosten der Umsetzung des BTHG auffangen wird. Was aber sicher ist: Der Gesetzesentwurf lehnt eine Konnexitätsrelevanz bis zum 31. Dezember ab, eine Erstattung erfolgt erst ab der dritten Stufe zum 1. Januar 2020. Höhe und Umfang soll erst in einem späteren Gesetz geregelt werden. Konkret rechnet der Kreis insgesamt mit Mehrkosten von rund 3,8 Millionen Euro, die das Land laut Mehlin nicht erstatten wird.

In der weiteren Umsetzung des BTHG müssen neben Verwaltung auch Betroffene und Betreuer insgesamt mit einem Mehraufwand rechnen, bilanzierte der Fachbereichsleiter. Weitere Kostentreiber sind der Ausbau ambulanter Wohnformen: Die Erfahrung aus anderen Bundesländern zeigt, dass die Zahl der leistungsberechtigten Personen in der Eingliederungshilfe erheblich ansteigen wird. Darüber hinaus erwartet den Träger der Eingliederungshilfe eine Deckungslücke, und zwar in Höhe von 18 Millionen Euro pro Jahr. Mehlin sieht den Fehler beim Land, weil im Gesetzgebungsverfahren von BTHG und Pflegestärkungsgesetz III keine Anstrengungen unternommen wurden, die Schnittstelle Eingliederungshilfe und Pflege im Sinne der behinderten pflegebedürftigen Menschen sachgerecht zu lösen.

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