Kreis Lörrach Obdachlos trotz geregelter Arbeit

Die Oberbadische
Sind für Obdachlose im Landkreis da: (von links) Marc Horn (Ambulante Fachbetreuung für Wohnsitzlose), Stefan Heinz (Leiter der Wohnungslosenhilfe), Slavica Stanojevic (Fachstelle Mobile Obdachlosenbetreuung in Rheinfelden), Maria Vögele von den Wohnhilfen und Sylvia Ziegler von der Fachstelle Wohnungssicherung. Foto: Adrian Steineck Foto: Die Oberbadische

Bilanz: Wohnungslosenhilfe sieht beunruhigende Entwicklung / Bezahlbarer Wohnraum wird knapper

Auf ein arbeitsreiches Jahr blickte die AGJ-Wohnungslosenhilfe im Kreis Lörrach beim gestrigen Pressegespräch zurück. Zugleich wurde deutlich, dass das Problem drohender oder tatsächlicher Wohnungslosigkeit in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist.

Von Adrian Steineck

Kreis Lörrach. Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis gleich eine sichere Wohnung – diese Rechnung geht heute nicht mehr auf, wie Stefan Heinz, Leiter der AGJ-Wohnungslosenhilfe, sagte. „Auch Menschen mit geregelter Arbeit, die vor zehn Jahren bei finanziellen Engpässen noch problemlos eine kleinere Wohnung gefunden hätten, nehmen immer häufiger unser Beratungsangebot in Kauf.“ Grund sei der Umstand, dass es in der Region mehr Arbeitsplätze als Wohnraum gebe, wie Marc Horn von der Ambulanten Fachberatung für Wohnungslose in Lörrach darlegte. Mitunter, so ergänzte Heinz, kämen Menschen mit der Einstellung hierher, dass sie mit einer Arbeitsstelle im Raum Basel eine entsprechende Wohnung dann schon finden werden.

Gründe für den Verlust der Wohnung gebe es zahlreiche, wie Sylvia Ziegler von der Fachstelle Wohnungssicherung für Lörrach, Weil am Rhein und den Landkreis, im Gespräch mit unserer Zeitung darlegte. Eine häufige Ursache seien Mietschulden und eine dadurch bedingte Zwangsräumung, aber auch die Eigenbedarfskündigungen hätten zugenommen. Bei diesen gebe es rechtlich kaum eine Handhabe, merkte sie an.

Mehr Menschen melden sich schon vorbeugend

Ziegler hat auch beobachtet, dass die Fachstelle Wohnungssicherung im Landkreis immer bekannter werde und die Zahl der Menschen, die sich präventiv, also vor dem Rauswurf aus ihrer Wohnung, melden, zugenommen habe. „Es ist immer gut, wenn man sich möglichst früh bei uns meldet, damit wir helfen können“, sagte sie.

Gestiegen ist im vergangenen Jahr auch der Bedarf an präventiven Angeboten. Kreisweit konnte die Fachstelle 343 Haushalte – vier mehr als im Jahr 2016 – erreichen. Bei mehr als 100 dieser Haushalte konnte der drohende Verlust der Wohnung abgewendet werden, was Heinz als besonderen Erfolg verbuchte. Auch den Umstand, dass von 97 Personen, bei denen die Beratung im vergangenen Jahr abgeschlossen wurde, lediglich zwei wieder auf die Straße zurückkehrten, wertete Heinz als Erfolg.

Eröffnet wurde im vergangenen Jahr ein Beratungsbüro im Sozialen Kompetenzzentrum an der Friedrichstraße 6 in Rheinfelden. Die Fachstelle Wohnungssicherung und der Fachdienst „Mobile Obdachlosenbetreuung“ seien seither in Rheinfelden vertreten, legte Heinz dar.

Bundesregierung ist in der Pflicht

Den Beratungsdienst suchten 765 Personen auf – im Jahr 2016 waren es 813. Leicht gestiegen sind die Übernachtungszahlen der Notschlafstelle mit 1384 Personen (2016: 1272).

Die längerfristigen Wohn- und Betreuungsangebote des Erich-Reisch-Hauses in Lörrach nahmen 141 Personen mit insgesamt 11230 Übernachtungen (11148 im Vorjahr) in Anspruch.

Insgesamt sei der gestiegene Bedarf an den Beratungsangeboten „beunruhigend“, ist Heinz überzeugt. Hier sei auch die neue Bundesregierung gefordert, die unter anderem eine landesweite Wohnungslosenstatistik erstellen wolle. Im Bereich Wohnraumförderung werde zu wenig getan, meinte der Leiter der AGJ-Wohnungslosenhilfe.

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