Kreis Lörrach Richter setzen klare Grenzen

Michael Werndorff
Gemeinden müssen sich bei der Gestaltung ihrer Amtsblätter an gesetzliche Bedingungen halten. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs ist eine presseähnliche Berichterstattung nicht gestattet. Foto: Michael Werndorff

BGH-Urteil: Kommunale Amtsblätter dürfen nicht im redaktionellen Stil der Presse berichten.

Kreis Lörrach - Das Jubiläumsfest eines Vereins, der Ausflug einer örtlichen Seniorengruppe oder der Familiennachmittag im heimischen Fußballverein: Lokalzeitungen berichten über solche und viele weitere gesellschaftliche Ereignisse, häufig tun dies aber auch Amtsblätter. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jüngst entschieden, dass Gemeinde-Veröffentlichungen der Presse keine Konkurrenz machen dürfen.

Für Publikationen von Kommunen gibt es klare Grenzen, urteilte jüngst der BGH in einer Unterlassungsklage der „Südwest Presse“ gegen das Amtsblatt der Stadt Crailsheim. Diese hat das aus einem amtlichen, einem redaktionellen sowie einem Anzeigenteil bestehende Printprodukt wöchentlich kostenlos verteilt. Das BGH wies die Revision der Stadt gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart zurück. Die kostenlose Verteilung des „Stadtblatts“ verstoße gegen das Gebot der Staatsferne der Presse. Und: Das Amtsblatt gehe mit seinen Beiträgen deutlich über das zulässige staatliche Informationshandeln hinaus.

Für Kommunen in Deutschland kann der Präzedenzfall unmittelbare Folgen haben, denn die vom BGH verkündeten Prinzipien gelten auch für sie. Beim Blick in einige Amtsblätter im Kreis Lörrach zeigt sich, dass aus juristischer Sicht Handlungsbedarf bestehen könnte. Denn: Staatliche Veröffentlichungen müssten sich laut BGH auf Sachinformationen beschränken, hieß es bei der Urteilsverkündung. Einer Gemeinde ist eine presseartige Berichterstattung über das gesellschaftliche Leben nicht erlaubt. Informieren über alles, was die Stadtverwaltung betrifft – das ist laut Gericht gestattet. Aber redaktionelle Artikel über Sport oder Lokales, das ist originäre Aufgabe der Medien.

Städtetag will BGH-Urteil prüfen

Auf das Urteil angesprochen, erklärt Martin Bühler, Bürgermeister der Gemeinde Hausen, dass man den Richterspruch vernommen habe, jetzt aber keinen vorauseilenden Gehorsam an den Tag legen werde. „Noch sehen wir keinen Handlungsbedarf, etwas zu ändern.“ Vielmehr will die Gemeinde sich an der Haltung des Städtetags orientieren, macht Bühler klar. Für diesen gilt grundsätzlich: „Amtsblätter mit redaktionellen Teilen sind eines von mehreren Mitteln, um den Informationsauftrag der Kommunen zu erfüllen“, teilte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy nach der Urteilsverkündung mit. Das Gremium will zunächst die komplette Urteilsbegründung abwarten und den Gemeinden dann eine Handlungsempfehlungen geben. Wenn sich was ändern sollte, so Bühler, betreffe dies, wenn überhaupt, die Veröffentlichung von Vereinsmitteilungen. Zwar berichte die Tagespresse in der Regel ausführlich über das Vereinsgeschehen in der Region, nicht immer werde aber alles abgedeckt, argumentiert er.

Diese Ansicht teilt auch Hugo Keller, Hauptamtsleiter der Gemeinde Todtnau. Der Richterspruch könne insbesondere für Gemeinden von Nachteil sein, deren örtliche Presse weniger gut aufgestellt sei. Grundsätzlich sieht er im konkreten Fall – die Gemeinde veröffentlicht die „Todtnauer Nachrichten“, die immer schon Vereinsmitteilungen enthielt – keine Konkurrenzsituation, sondern ein Miteinander mit den lokalen Zeitungen. Man werde sich an die Empfehlung des Städtetags halten. Sollte diese dann dem rechtskräftigen BGH-Urteil folgen, würde das Amtsblatt an Attraktivität verlieren, ist Keller überzeugt.

Für andere Gemeinden im Landkreis Lörrach hat das Urteil keine Bedeutung, da sie sich nur auf Bekanntmachungen und Hinweise sowie Ankündigungen von Veranstaltungen konzentrieren, was zum Beispiel bei der Stadt Weil am Rhein der Fall ist. Rheinfeldens Oberbürgermeister Klaus Eberhardt äußerte sich zu dem Thema jüngst in einem Interview mit unserer Zeitung: „Wir werden die aktuelle Rechtsprechung berücksichtigen und mit unserer täglichen Medienarbeit in keiner Weise nachlassen.“ Ein Amtsblatt gebe es bisher nicht, weil man sich im Regelfall durch die örtlichen Zeitungen gut dargestellt wisse und den Bürgern Gelegenheit gegeben werde, sich in städtischen Themen einzumischen. Auf der sicheren Seite fühlt sich Kanderns Bürgermeister Christian Renkert, der sogar eine Ausweitung der Berichterstattung plant. Vorgesehen sind Berichte aus den Sitzungen der Gremien sowie von Ereignissen mit besonderer örtlicher Bedeutung, wie es im Oktober im Rahmen einer Gemeinderatssitzung hieß.

Doch nicht nur der Printbereich ist vom Urteil betroffen. Nach der Einschätzung von Michael Rath-Glawatz, Anwalt der „Südwest-Presse“, hat der Richterspruch auch unmittelbare Folgen für die Online-Portale und Internetauftritte der Städte und Gemeinden.

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