Kreis Lörrach Schwierige Zeiten für den Kreis

Michael Werndorff
Für die Grünen im Lörracher Kreistag wird zu wenig Geld in den Klimaschutz investiert. Foto: Pixabay

Finanzen: Kreistag verabschiedet Kreishaushalt 2023 / Fraktionen beziehen Stellung

Der Kreistag hat am Mittwoch den Kreishaushalt 2023 mit einem Defizit von 10,5 Millionen Euro verabschiedet (wir berichteten). Landrätin Marion Dammann sagte im Vorfeld, dass sie noch nie einen Haushalt mit einem zweistelligen Defizit eingebracht habe. Der Landkreis Lörrach bleibt im Krisenmodus.

Von Michael Werndorff

Kreis Lörrach. Bei der Einbringung sprach Dammann von einem Haushalt mit Risiken und Unwägbarkeiten. War zunächst ein Minus von 8,5 Millionen im Entwurf des Ergebnishaushalts eingepreist, kletterte das Defizit dann auf 11,1 Millionen und sank dann nach Auslotung aller Einsparpotenziale auf 10,5 Millionen Euro. „In der Tat befinden wir uns in einer Ausnahmesituation“, erklärte CDU-Fraktionschef Paul Renz. Denn selbst der nun verabschiedete Ansatz sei noch mit Risiken behaftet, verwies er auf die Höhe der Grunderwerbssteuer und zusätzliche Belastungen durch weitere Kapitalhilfen an die Kreiskliniken, die mitbedacht werden müssten. Der Hebesatz der Kreisumlage von 32,6 Prozent sei aber ein „noch akzeptabler Kompromiss“. Für einen ausgeglichenen Haushalt hätte der Hebesatz aber um weitere 2,8 Punkte angehoben werden müssen.

Angesichts des hohen Haushaltsdefizits nähmen die Sorgenfalten zu, im Zeitraum 2022 bis 2026 Investitionen von 90 Millionen Euro stemmen zu können, so Renz. Diese müssen nämlich überwiegend über Darlehen finanziert werden.

„Wir sind in einem Dauerkrisenmodus und statt Zukunftsstrategie geht es nur noch um Gegenwartsbewältigung und Krisenmanagement“, kommentierte Ulrich May (FW) den Haushalt 2023. Die Haushaltsplanungen verglich er mit einer Fahrt durch eine Nebelwand, „bei der wir trotz allem noch den Durchblick bewahren mussten“.

Die Erhöhung des Kreisumlage-Hebesatzes habe man schweren Herzens mitgetragen. So könne es aber nicht weitergehen. Laut May müssen Bund und Land für eine bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen sorgen. Der FW-Chef wies zudem darauf hin, dass zukünftige Investitionen weitgehend durch Kredite finanziert werden müssten; die erwirtschaftete Liquidität sei weitgehend für die bisherigen Investitionen verbraucht, und Zahlungsüberschüsse in nennenswerter Höhe seien derzeit nicht zu erwarten. Nach einer Prognose der Verwaltung wären 2026 für den Schuldendienst jährlich sechs Millionen Euro fällig, bei den Investitionen bis 2028 sehe es noch dramatischer aus.

Dass dies der dritte Haushalt sei, der mit einem Defizit verabschiedet werde, erinnerte Bernd Martin (Grüne). Er mahnte an, angesichts des steigenden strukturellen Defizits im Haushalt bei allen Ausgabenblöcken die Effizienz zu steigern. Der neue Haushalt verursache Schmerzen. Wenn der Kreistag die strukturellen Probleme im nächsten Jahr aber nicht energisch angeht, „werden unsere Schmerzen in den Folgejahren sehr viel größer werden“, erklärte Martin.

Um Folgen der Krise für die Bevölkerung abzumildern und dringend notwendige Investitionen in Zukunftsaufgaben unvermindert voranzutreiben, lohne es sich auch, sich zu verschulden, kommentierte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende das Zahlenwerk. Denn ein Abfedern der Krisenfolgen und die Aufrechterhaltung der Investitionen beispielsweise in die Bildung oder den Klimaschutz ermöglichten es, die Krise schneller zu überwinden. Der Haushalt 2023 erfülle aus Sicht seiner Fraktion diese Kriterien aber nur sehr bedingt: Investitionen von 2,5 Millionen Euro in den Klimaschutz reichten nicht. „Statt immer mehr für Gas, Benzin und Strom zu bezahlen, müssen wir deutlich mehr in regenerative Energien, Wärmeisolierung und etwa Wärmeverbünde investieren“, befand Martin.

Für die SPD trug Gabriele Weber die Haushaltsrede von Fraktionschef Klaus Eberhardt vor. „Wir werden im Krisenmodus verbleiben.“ So sei die Zahl der Unwägbarkeiten im Vergleich zu den Vorjahren nochmals gestiegen. Dies seien keineswegs nur externe Faktoren, bedingt durch Krieg, Flüchtlingsbewegungen und Inflation sowie Energieknappheit, sondern daraus resultierend auch teilweise eigenbedingt verursachte Entwicklungen, verwies er auf die derzeitige Situation der Kreiskliniken, deren Wirtschaftsplan nicht zusammen mit dem Haushaltsplan 2023 beraten werden konnte. Eberhardt mahnte zur Ehrlichkeit: Man müsse bereit sein, Aufgaben zu hinterfragen und Zeitverschiebungen in der Leistungserbringung zu kommunizieren. Zudem könne nicht jeder Fachbereich aus seiner Sicht das Optimum an Stellenzuwachs einfordern, ohne die Fachkräftesituation oder die Finanzierungsfrage zu berücksichtigen. Und: In Zeiten eines absoluten Fachkräftemangels und knapper Finanzmittel auf mehr Personal, größeres Tempo und stets verfügbares Geld zu setzen, erzeuge falsche Erwartungen.

Von einer Zäsur sprach Manuel Karcher (FDP). Die Verschuldung sei nun Realität geworden. „Die kommenden Haushaltsjahre werden deutlich härter werden.“ Der Haushalt des Landkreises sei gebeutelter denn je. Karcher setzt aber auf eine Trendumkehr ab dem Jahr 2025. „Wir müssen die Realität annehmen, die Ergebnisse und Einwirkungen akzeptieren und unsere Lehren für zukünftige und generationsgerechte Haushalte ziehen“, sagte Karcher. Und weiter: „Beeinflussungen von außen sind schwer abzufedern, dennoch sollten wir Prozesse optimieren und Kosten in der Breite reduzieren.“ Regieren müsse in Zukunft Reagieren genannt werden, appellierte er an Land und Bund. Diese sah er in der Pflicht, die Finanzkraft der Kommunen im Landkreis zu stärken. „Dies ist ein wichtiges Anliegen unserer Fraktion, und dafür kämpfen wir.“ Und beim einen oder anderen Kreisprojekt müsse ein Schieben und Streichen akzeptiert werden, alle formulierten Ziele könnten in diesem Jahrzehnt nicht erreicht werden.

Zu einer großangelegten Kritik setzte Wolfgang Fuhl (AfD) an: „Wir haben ein großes strukturelles Defizit, was dringend angegangen werden muss.“ Fuhl monierte die Abkehr von der Teilortsumfahrung Rümmingen, die beabsichtigte Reaktivierung der Kandertalbahn als S-Bahn, die geplante Vergärungsanlage für Bioabfälle und die aktuelle Anschaffung von Elektrofahrzeugen für den Forstbereich. Die AfD trug den Haushaltsentwurf 2023 mit, allerdings sei die Grunderwerbssteuer sehr optimistisch angesetzt.

Die Fraktion hätte sie näher beim Ist-Wert des laufenden Jahres angesetzt und dafür den Hebesatz für die Kreisumlage auf 33,1 Prozent erhöht, erklärte Fuhl. So bleibe ein Millionenrisiko.

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