Nach Schätzungen des Deutschen Jagdverbands sollen mittlerweile rund 800 Wölfe vor allem im Osten Deutschlands leben. Weil sie die Tiere schnell vermehren, nehmen auch die Bestände in Niedersachsen zu. Je größer eine Population ist, desto mehr erhöht sich der Druck für Jungtiere, sich neue Reviere zu suchen und neue Rudel zu gründen.
In der Schweiz werden 50 Tiere vermutet
Und auch in der Alpenrepuplik ist der Wolf auf dem Vormarsch. Erstmals wurde er im März im Kanton Aargau nachgewiesen. Dass sich das Tier aber dort niederlassen könnte, bezweifelt die kantonale Jagdverwaltung. Von einer Dauerpräsenz von Wölfen gehe man nicht aus, da die Landschaft stark zersiedelt sei und viele große Verkehrsachsen habe.
Insgesamt werden in der Schweiz bis zu 50 Tiere und vier Rudel vermutet, die überwiegend in den Bergen lebe – das bekannteste dürfte jenes am Calanda in Graubünden sein – und bisweilen im Mittelland für Aufsehen sorgen. Wissenschaftler gehen davon aus, dass der Wolf aus dem südlichen Alpenraum, vor allem aus Italien, in die Schweiz eingewandert ist.
Auf Gefahren aufmerksam machen
Wo sich Wölfe aufhalten, kann es auch vorkommen, dass Nutztiere gerissen werden. Die offizielle Statistik des Bundes für die Jahre 2002 bis 2016 geht von insgesamt 3455 getöteten und verletzten Weidetieren aus. Der Weitenauer Uwe Braun, Mitbegründer der Bürgerinitiative „Wolfinfo“, will auf die Gefahren aufmerksam machen und die Bürger für das Thema sensibilisieren. So setzt sich die Initiative ein für den Schutz der Menschen und Haustiere in Dörfern, die Etablierung wolfsfreier Gebiete und Schutzzonen für den Wolf, die Forderung nach ehrlichen Zahlen in Sachen Wolfspopulation und -rissen sowie Alternativen zu den bestehenden DNA-Analysen.
„Es ist eine gängige Meinung, dass der Wolf nicht in dicht besiedeltes Gebiet kommt, und es sich um ein scheues Tier handelt. Dem ist aber nicht so“, berichtet Braun von Wolfsichtungen in Brandenburger Dörfern. Noch sei man von einem solchen Szenario in der heimischen Region weit entfernt, aber: „Momentan gibt es zwar nicht den Ansatz einer Gefahr, diese wird aber hier ankommen.“
Zäune sollen Tierherden schützen
Nutztierhalter sind angehalten, geeignete Schutzmaßnahmen zu treffen, sollte das Auftreten eines Wolfes bestätigt werden, schreibt das Umweltministerium. Empfohlen werden Herdenschutzhunde und Elektrozäune, die ausschließlich in der sogenannten Förderkulisse im Nordschwarzwald finanziell unterstützt werden. Allerdings werden dort vom Wolf verursachte Nutztierrisse seit dem 1. Juni nur noch erstattet, wenn die Tiere fachgerecht geschützt waren.
In dem betroffenen Gebiet wurde für mehr als 150 Herdenschutzmaßnahmen ein finanzieller Zuschuss in Höhe von 90 Prozent, insgesamt fast 450 000 Euro, bewilligt, heißt es vom Ministerium. „Der Wolf soll lernen, dass er im Wald genügend Wildtiere als Nahrung finden kann und Nutztiere keine geeignete Beute für ihn darstellen“, erklärte Umweltminister Franz Untersteller Mitte Mai. „Dieses Ziel lässt sich jedoch nur erreichen, wenn möglichst alle Nutztiere fachgerecht geschützt sind.“ Das ist im Südschwarzwald angesichts der Landschaft schwierig, weiß BLHV-Pressesprecher Padraig Elsner. Darüber, ab welcher Höhe ein Zaun sicher sei, werde immer wieder diskutiert, auch verliere der Beruf des Weidetierhalters, der meistens im Nebenerwerb ausgeübt werde, vor dem Hintergrund von Auflagen, topografischer Herausforderungen und der Wolfsproblematik an Attraktivität.
Effektivität wird kritisch hinterfragt
Besagten Schutz stellt Heiner Klett, Experte beim Landesbauernverband, im Gespräch mit unserer Zeitung in Frage. Der Wolf könne Elektrozäune durchaus überwinden, außerdem sei das Aufstellen der Zäune zum Herdenschutz mit großem Aufwand verbunden, der finanziell nicht ersetzt werde, moniert der Fachmann. Zwar gebe es immer mal wieder Schafsrisse, gleichzeitig sei die vom Wolf ausgehende Gefahr überschaubar. Und was Herdenschutzhunde angeht: „Diese können auch Wanderer als eine mögliche Gefahr für Nutztiere einstufen“, sieht er Probleme für den Tourismus.
Dass sich der Wolf ausbreite, werde man nicht verhindern können, nun gelte es, das Tier in Schach zu halten, wobei ein Abschuss das letzte Mittel darstelle, sagt Klett. Denn der Wolf ist europaweit streng geschützt, betont Michael Schott von der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe. Er weiß, dass Nutztierhalter oft die Leidtragenden sind, weil der Wolf nicht zwischen Wild- und Nutztier unterscheiden kann. Indes sieht der Lörracher in den rund ein Meter hohen Schutzzäunen und Herdenschutzhunden gut geeignete Maßnahmen zur Gefahrenabwehr. Die Gefahr, die vom Wolf ausgehe, sei zwar verschwindend gering, allerdings dürfe man nicht vergessen, dass es sich um ein Raubtier handele, erklärt Schott. „Der Wolf kann eine Bedrohung darstellen, wenn er angefüttert wurde und ungeduldig auf Nahrung wartend Wanderern nachstellt.“
Abschuss auffälliger Wölfe schon jetzt möglich
Immer wieder wird der Ruf nach Abschuss laut, momentan sieht das Bundesnaturschutzgesetz aber weder die Festlegung einer Obergrenze noch eine Regelung des Wolfsbestandes vor. Eine Tötung auffälliger Wölfe ist aber schon jetzt möglich.
Der heimische FDP-Bundestagsabgeordnete Christoph Hoffmann hat im Februar für die Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht gestimmt: „Soll die Weidewirtschaft erhalten bleiben, darf es im Südschwarzwald möglicht geringe oder keine Wolfspopulationen geben.“ Weidewirtschaft und Wolf würden sich nicht vertragen, außerdem sei an den steilen Hängen ein Wolfschutzzaun nicht möglich, teil der Politiker die Sicht des Landesbauernverbands.
Nach sechs Monaten gilt der Wolf als heimisch
Darüber, wie lange es dauern kann, bis sich ein Wolf in der Feldbergregion dauerhaft niederlässt, kann nur spekuliert werden, heißt es von Seiten der FVA. Fest steht: Wird ein Tier über sechs Monate hinweg in einem bestimmten Gebiet nachgewiesen, gilt es als dort resident. Dazu ist ein genetischer Nachweis notwendig, ein Fotofallennachweis allein reicht nicht aus, teilen die Experten mit.