Kreis Lörrach Tablets ersetzen Schulbücher

Die Oberbadische
Die Digitalisierung hat im Klassenzimmer längst Einzug gehalten. Foto: Archiv Foto: Die Oberbadische

Digitalisierung: Pädagogische Konzepte werden entwickelt / Pilotprojekt läuft noch bis 2021

Die Digitalisierung bestimmt unseren Alltag und hat auch längst in Schulen Einzug gehalten. Während manche Eltern der Entwicklung kritisch bis ablehnend gegenüberstehen, sehen andere in Sachen Tableteinsatz im Unterricht deutlich Luft nach oben. Fest steht: Die Qualität des Unterrichts steht und fällt mit den Lehrern.

Von Michael Werndorff

Kreis Lörrach. Dass es sich hier lediglich um eine Spielerei im Unterricht handele, kann Andreas Thomann, Leiter der Kaufmännischen Schule (KS) in Lörrach, nicht unkommentiert stehen lassen. Die Kritik aus Schüler- und Elternkreisen zielt auf den Einsatz von Tablets im Unterricht ab, der stärker im Lehrplan verankert werden sollte. „Nie ist alles perfekt“, sagt Thomann im Gespräch mit unserer Zeitung und verweist auf die Entwicklungsarbeit, welche die Schule als einzige im Kreis Lörrach im Rahmen eines Pilotprojekts des Landes leistet, das dieses gemeinsam mit dem Kreis noch bis zum Jahr 2021 fördern wird. Das Projekt startete im Schuljahr 2016/17 und hat die klassischen Lehrbücher durch Tablets ersetzt, mit denen Gymnasiasten- und Berufsschüler für ihren Abschluss lernen sollen. Darüber hinaus wird eine Studie erarbeitet, deren zentrale Frage es ist, inwieweit und auf welche Weise Tablets zur Gestaltung von Lernprozessen eingesetzt werden können,

„Wir leisten eine Basisarbeit, die mit den Lehrern steht und fällt – das ist spannend und schwierig zugleich“, kommentiert Thomann den Einsatz der neuen Medien im Unterricht. So gebe es neben aufgeschlossenen Lehrern auch solche, bei denen Überzeugungsarbeit in Sachen Tableteinsatz zu leisten war. So könne es durchaus vorkommen, dass die Geräte bei einem Lehrer bevorzugt eingesetzt werden, bei anderen weniger intensiv, sagt Thomann auf Nachfrage. Und: Es gibt keine offiziellen Vorgaben, stattdessen aber interne Richtlinien.

Von Spielerei kann keine Rede sein

Dass von Spielerei keine Rede sein kann, betont auch der Leiter des Kreismedienzentrums, Felix Kehl. Schule müsse die Lebenswelt repräsentieren und die jungen Menschen auf die Arbeitswelt vorbereiten. Zudem erkennt er noch eine gesellschaftliche Bedeutung: Junge Menschen müssen mit neuen Medien umgehen können, sonst drohe eine gesellschaftliche Ausgeschlossenheit.

Dass andere Länder in der Europäischen Union in Sachen Digitalisierung schon viel weiter sind als Deutschland, lässt Kehl am Beispiel Großbritanniens nicht unerwähnt. Dort bekommt jeder Siebtklässler von der BBC einen Minicomputer zur Verfügung gestellt. „Die Thematik außen vor zu lassen, wäre jedenfalls kurzsichtig“, warnt der Leiter des Kreismedienzentrums. „In Deutschland besteht Handlungsbedarf“, stellt er fest, gleichzeitig hätten die hiesigen Kommunen und Stadtverwaltungen das Thema aber im Blick.

„Diese zeigen die Bereitschaft, die Schulen dementsprechend auszustatten.“ So stellt der Kreis Lörrach der KS die Hälfte der insgesamt 90 000 Euro für den Pilotversuch zur Verfügung, die andere Hälfte trägt das Land, welches an insgesamt 36 Schulen den Einsatz der Tablets unter wissenschaftlicher Begleitung in beruflichen Schulen testen lässt. Insgesamt nimmt das Land hierfür knapp zwei Millionen Euro in die Hand.

Mit der Digitalisierung gibt es einen grundsätzlichen Umbruch, ähnlich wie mit der Einführung des Buchdrucks“, ist Thomann überzeugt. Und dieser Umbruch kommt auch im Schulwesen und in den Lehrplänen zum Tragen: Tatsache ist, dass Medienbildung im Lehrplan verankert ist, erklärt Kehl, und auch die Aus- und Fortbildung der Lehrer laufe, wie er ergänzt: „Die Anwendung der Technik muss nun eingeübt und die pädagogischen Konzepte erarbeitet werden. Und hier sehe ich deutlich Luft nach oben“, meint der Pädagoge.

Wir müssen einen Kompromiss finden

Für die Schüler sieht Thomann deutliche Vorteile durch die Anschaffung der 100 Tablets: Die Unterrichtsmaterialien sind dank der Schul-Cloud immer verfügbar, Arbeitsblätter können also nicht mehr verlegt werden, berichtet Thomann. Und: Das Methodenspek trum erweiternde Werkzeug namens Tablet bietet unterschiedliche Zugangswege zum Schulstoff: Beispielhaft nennt der Schulleiter die Erklärvideos, zudem besteht die Möglichkeit für Schüler, kreativ zu werden und eigene Erklärvideos zu drehen.

Ob die Schüler dadurch besser und mehr lernen würden, lässt sich derzeit noch nicht genau sagen, weil es an einer Vergleichsklasse fehle, so Thomann. Fest steht aber: „Die Leistung der Schüler wird jedenfalls nicht schlechter.“

Thomann hat es immer mal wieder mit besorgten Eltern zu tun, die Angst hätten, dass ihr Kind nun noch mehr Zeit mit dem Tablet verbringe. „Da können wir die Sorgen wegerklären“, meint der Schulleiter. Das Tablet sei nämlich kein Spielzeug, sondern Werkzeug im Schulunterricht. Und dann gibt es da noch jene Eltern, die den Medieneinsatz im Unterricht gerne intensivieren würden. „Wir als Schule müssen aber einen Kompromiss finden“, weiß Thomann.

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