Kreis Lörrach Umsetzung mit Augenmaß

Michael Werndorff
Das BTHG soll die Teilhabe von Menschen mit Behinderung verbessern. Foto: Archiv

Sozialausschuss: Bundesteilhabegesetz führt zu administrativem Mehraufwand.

Kreis Lörrach - Das Bundesteilhabegesetz (BTHG), das die Lage von Menschen mit Behinderungen verbessern soll, stellt die Kommunen in Deutschland vor Herausforderungen. Die Folgen sind noch nicht alle absehbar, doch schon jetzt zeigt sich, dass die Umsetzung für den Kreis Lörrach zu einem administrativen und wohl auch finanziellen Mehraufwand führen wird.

Den höheren Verwaltungsaufwand will Dirk Werner, Leiter des Fachbereichs Soziales im Landratsamt, daher mit Augenmaß umsetzen, wie er im Rahmen der jüngsten Sitzung des Sozialausschusses des Kreistags ankündigte. Das neue BTHG gilt seit Januar 2017 und wird stufenweise bis 2023 in Kraft gesetzt, führte Werner aus. In der ersten Stufe wurden unter anderem die Einkommen- und Vermögensfreigrenzen erhöht sowie eine Anhebung des Einkommensfreibetrags in den Werkstätten für behinderte Menschen beschlossen.

Mit der zweiten Stufe des BTHG ab 2018 – seither sind die Stadt- und Landkreise zuständige Träger der Eingliederungshilfe und für die Umsetzung zuständig – wurde ein einheitliches Instrument zur Bedarfserkennung und -ermittlung eingeführt, das sich derzeit in einigen Kreisen in der Testphase befindet, wie aus der Sitzungsvorlage hervorgeht.

Dieser ist auch zu entnehmen, dass ab 2018 in jedem Einzelfall ein umfangreiches Gesamtplanverfahren durchgeführt werden muss. Bisher wurde ein einfacheres Verfahren hauptsächlich im Bereich des stationären Wohnens und bei einem veränderten Hilfebedarf durchgeführt.

Neues Leistungsrecht gilt ab 2020

Wie Werner zu dem berichtete, gilt ab 2020 ein neues Leistungsrecht, in dem nicht mehr nach stationärem, teilstationären und ambulanten Hilfen unterschieden wird. Dann wird es nur noch existenzsichernde Leistungen zum Lebensunterhalt und Fachleistungen geben. Beide Leistungen müssen getrennt beantragt und entschieden werden, war weiter zu erfahren. „Das bedeutet, dass aus einem Fall zwei werden“, verwies der Fachbereichsleiter auf einen steigenden Arbeitsaufwand.

Die Verdoppelung der Fallzahlen bei unveränderter Menge der Leistungsempfänger werde auch unmittelbaren Einfluss auf den Personalbedarf haben. Landesweit brauche es 150 Mitarbeiter mehr, erklärte Werner. Der Kreis habe aber noch keine Anstrengung unternommen, Personal aufzubauen. In einem weiteren Schritt ab dem Jahr 2023 wird der anspruchsberechtigte Personenkreis neu definiert.

Mit Blick auf die finanziellen Auswirkungen steht fest, dass das Land die Deckung des Mehrbedarf durch die Umsetzung des BTHG erst ab 2020 zugesichert hat. Zur Abgeltung der bereits in den Jahren 2017 bis 2019 entstehenden Kosten wurde in der gemeinsamen Finanzkommission eine Gesamtsumme von 50 Millionen Euro vereinbart. Auf den heimischen Kreis entfallen für diese Periode 824 300 Euro.

Deutliche Kritik übte Christian Renkert (CDU). Es sei erschreckend, wie die Komplexität der Dinge steige, ohne dass es für Betroffene zu Verbesserungen komme. Dass ein solches Regelwerk nicht begrüßenswert sei, merkte Landrätin Marion Dammann an. Und: Die Aussage, dass die Umsetzung für die Kommunen kostenneutral erfolgen soll, bezweifelt sie: „Das löst bei mir ein Achtsamkeitssyndrom aus“, zeigte sich Dammann kritisch.

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