Kreis Lörrach Vom Freund und Helfer zum Feind

Die Oberbadische

Kriminalität: Rettungskräfte und Polizisten werden auch im Landkreis Lörrach immer häufiger angegriffen

Übergriffe auf Polizisten und Rettungskräfte sorgen immer wieder für bundesweite Schlagzeilen, zuletzt etwa in der Silvesternacht, als die Helfer in mehreren deutschen Städten angegriffen wurden. Auch im heimischen Kreis wird diese Entwicklung mit Sorge betrachtet.

Von Adrian Steineck

Kreis Lörrach. Die Entwicklung ist bundesweit. Laut einer zu Beginn dieses Jahres veröffentlichten Studie der Ruhr-Universität Bochum haben 91 Prozent der befragten Sanitäter und Notfallhelfer angegeben, dass sie innerhalb der vergangenen zwölf Monate Opfer von verbaler oder körperlicher Gewalt geworden sind. Auch Feuerwehrleute im Rettungsdienst seien laut der Studie in großer Zahl attackiert worden (88 Prozent), ebenso Notärzte (80 Prozent). Insgesamt sind bundesweit im vergangenen Jahr 2030 Polizeibeamte verletzt worden.

Häufig ist auch Alkohol im Spiel

„Das erleben wir regelmäßig“, bestätigt Kai Bordemann im Gespräch mit unserer Zeitung. Er ist Rettungsdienstleiter beim DRK-Kreisverband Lörrach und bezieht sich auf Angriffe gegen die Rotkreuz-Helfer. Körperlich angegriffen würden die Helfer glücklicherweise selten: „Meistens läuft es verbal ab.“

In aller Regel handle es sich bei den Tätern um Alkoholisierte oder Drogenabhängige. „Wenn wir von Umstehenden gerufen werden, weil jemand betrunken am Boden liegt und Hilfe brauchen könnte, rücken wir aus und schauen zunächst, was Sache ist“, beschreibt Bordemann die Vorgehensweise. „Wird der Betroffene dann aggressiv, ziehen wir uns zurück.“ Zahlen, wie oft so etwas vorkommt, habe er keine. Gefühlt hätten solche Vorfälle über einen längeren Zeitraum von zehn Jahren betrachtet aber zugenommen.

Ähnlich stellt sich die Situation in der Notaufnahme dar. Marion Steger, Sprecherin der Kliniken des Landkreises Lörrach, bezeichnet das Thema als Dauerbrenner. Als Knackpunkt sieht sie dabei den Umstand, dass Patienten in der Notaufnahme nach Dringlichkeit der Fälle eingestuft würden und Menschen, die zuviel getrunken haben, dann je nach Grad der Auslastung auch warten müssten. „Da kommt es vor, dass die Betroffenen laut und beleidigend werden“, sagt Steger. Genaue Zahlen werden nicht erhoben. Wenn aber zu bestimmten Zeiten – etwa während eines Fußball-Länderspiels in Basel oder jetzt während der Fasnacht – erfahrungsgemäß mehr Alkoholisierte in der Notaufnahme landen, werde das Personal aufgestockt. Hinzu komme eine gute Zusammenarbeit mit der Polizei.

Dass diese selbst zunehmende Respektlosigkeit und Gewalt erfährt, ist auf Nachfrage unserer Zeitung bei Dietmar Ernst, Polizeisprecher für den Landkreis Lörrach, zu erfahren. „Diese negative Erfahrung machen wir schon länger. Die Zahlen auf der einen und Berichte der Kollegen auf der anderen Seite sprechen eine deutliche Sprache.“ In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) würden seit einigen Jahren Delikte im Bereich „Gewalt gegen Polizeibeamte“ gesondert erfasst.

Laut Ernst habe es im Landkreis Lörrach im Jahr 2013 insgesamt 74 solcher Fälle gegeben. Im Jahr 2014 waren es 98, im Jahr 2015 93 Übergriffe auf Polizisten. Im Jahr 2016 seien Polizeibeamte in 116 Fällen körperlich oder verbal bedroht worden. Die Tendenz für das vergangenen Jahr sei ebenfalls steigend.

Weiter sagt Ernst: „Wir haben uns, besonders im Bereich der Aus- und Fortbildung, auf diese negative Entwicklung eingestellt. So werden Beamte durch situatives Handlungstraining geschult.“ Dieses spezielle Training umfasse mehrere Module. Aber auch im technischen Bereich werde versucht, vor allem Streifenpolizisten besser zu schützen, erklärt Ernst. So sei die Einführung von Bodycams, also Kameras auf der Schulter von Polizisten, geplant. Hierzu liefen bereits Testphasen bei den Polizeirevieren Freiburg-Süd und Weil am Rhein.

„Die Kollegen müssen heutzutage einiges aushalten und viel an Deeskalation aufbieten“, zieht Ernst Bilanz. Allerdings sei es in den meisten Fällen so, dass spürbare Konsequenzen wie etwa Platzverweise meist Wirkung zeigen würden.

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