Kreis Lörrach Vor Obdachlosigkeit schützen

Denis Bozbag
110 Menschen ohne feste Bleibe übernachteten 2019 in der Notschlafstelle in der Lörracher Wallbrunnstraße. Foto: mek

Wohnungsnot - Rückgang der Betreuungsfälle im Jahr 2019 / Positiver Trend  aufgrund Corona gefährdet

Kreis Lörrach -  Der Landkreis Lörrach landet mit mehr als zwei Wohnungslosen pro 1000 Einwohner landesweit in der Statistik auf einem schlechten Platz. Damit erreicht man das Niveau  von städtischen Ballungsräumen wie Pforzheim und Esslingen. Die Situation auf dem Wohnungsmarkt dürfte sich angesichts der Corona-Krise nach einer Erholung im vergangenen Jahr verschärfen, wie Stefan Heinz, Leiter der AGJ-Wohnungslosenhilfe, während der jüngsten Sitzung des Sozialausschusses hervorhob.

Die Zahl der Haushalte im Landkreis, welche die Fachstelle für Wohnungslose nach einer Kündigung des Mietverhältnisses aufgrund von Mietschulden aufsuchten,  ist 2019 von 416 auf 382 im Vorjahr gesunken, wie Heinz berichtete. Er führte diese seit zehn Jahren erstmals positive Entwicklung auf den Ausbau von Präventionsangeboten zurück, die von der Kreisverwaltung sowie den Kommunen Lörrach, Weil am Rhein, Rheinfelden und  Schopfheim finanziert wurden.   Dazu gehörten die Anhebung der Mietobergrenzen, die Wohngeldreform und andere verschiedene Maßnahmen, die im Zuge der Sozialstrategie des Landkreises umgesetzt worden waren. 

„Das Thema Wohnungsnot ist längst ein Querschnittsthema in der Hilfelandschaft der freien Träger geworden, und es hat sich herumgesprochen, dass Wohnungsverluste sich gut frühzeitig durch entsprechende Angebote verhindern lassen“, betonte Heinz. So konnten in der Region bei 82 Haushalten die Wohnung gesichert werden, bei weiteren 66 war die Fachstelle bei der erfolgreichen Suche nach alternativen Unterkünften behilflich. Weiterhin bilanzierte Heinz: „In den vergangenen Jahren haben mehr als 60 Haushalte den Status obdachlos überwunden und wieder in ein Mietverhältnis gefunden.“

Guter Trend 2019 ist kein  Grund für Entwarnung

Dennoch gebe es derzeit keinen Grund für  Entwarnung: „Die hohen Mietpreise in der Grenzregion sowie der Druck auf dem Wohnungsmarkt bleiben weiterhin ein zentrales Thema für unsere Beratung.“

Für Menschen mit Schulden oder geringem Einkommen sei bezahlbarer Wohnraum schwierig zu finden. Die bislang gute Wirtschaftslage, das Lohnniveau der in der Schweiz beschäftigten Grenzgänger und der Zuzug in den Landkreis aus anderen Teilen Deutschlands seien Faktoren, die sich auf die Zahl der Betreuungsnotfälle weiter auswirkten, war sich der Leiter der Wohnungslosenhilfe sicher.

Obdachlosigkeit kann seiner Ansicht nach jeden treffen: „Wenn wir Menschen draußen  im Freien übernachten sehen, ist das nur die Spitze des Eisbergs.“ Die Gruppe derer, die  vom Verlust der eigenen Bleibe bedroht werde, sei wesentlich größer. Im Landkreis  nutzten 100 Haushalte das Wohnangebot des Erich-Reisch-Hauses, und es gebe weitere 400 die von den Kommunen ordnungsrechtlich untergebracht seien.

Die ambulanten Fachberatungsstellen und Wärmestuben wurden 2019 wiederum stark besucht. In der Notschlafstelle in der Lörracher Wallbrunnstraße übernachteten 110 Menschen.

Pandemie könnte  die Lage verschlechtern

Heinz ging davon aus, dass die Corona-Pandemie die Lage für  das laufende und kommende Jahr verschärfen dürfte. Am 30. Juni lief der Kündigungsschutz für Mieter aus, die wegen der Krise in eine finanzielle Notlage geraten waren. „Das Thema Corona fordert uns nach wie vor jeden Tag.“ Es seien Schutz- und Hygienekonzepte erstellt und zwei Notwohnungen für Verdachtsfälle und Quarantäne reserviert worden. Seit März würden Doppelzimmer nur noch einzeln belegt werden, was zu erheblichen Einnahmeeinbußen geführt habe.

Von den Ausschussmitgliedern erhielt Heinz für seinen Einsatz gegen die Wohnungsnot durch die Bank weg Lob und Anerkennung.

Margarete Kurfeß (Grüne) meinte, dass mit der AGJ ein guter Partner bei der Prävention von Obdachlosigkeit gefunden wurde. Jörg Lutz (SPD) reihte sich in den Dankesreigen mit ein und erwähnte, dass die städtische Wohnbau in Lörrach  ebenfalls für dieses Thema sensibilisiert wurde. Wolfgang Koch (AfD) weiß durch seine frühere Arbeit als Polizist, was Obdachlosen auf der Straße durchmachen müssten und forderte,  jetzt auch an das soziale Gewissen der Vermieter zu appellieren.

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