Kreis Lörrach Wenn es auf jede Minute ankommt

Michael Werndorff
 Foto: Archiv

Wintersport: Am Lawinentrainingscenter auf dem Feldberg wird das Auffinden von Verschütteten geübt.

Regio - Wer von einer Lawine verschüttet wird, hat nur ein geringes Zeitfenster, in dem eine Rettung glücken kann. Nach etwa 15 Minuten kommt in der Regel jede Hilfe zu spät, weiß Lutz Scherer, Landesgeschäftsführer der Bergwacht Schwarzwald. Wintersportler sollten sich deshalb der Gefahren jenseits der befestigten Pisten bewusst sein und das neue Angebot des Lawinen-Trainingscenters am Feldberg nutzen.

Es ist das einzige Lawinentrainingscenter nördlich der Alpen, und das nicht ohne Grund: Nicht nur in den Alpen, auch im Schwarzwald kann es zu Lawinen kommen, die eine tödliche Gefahr darstellen, sagt Scherer im Gespräch mit unserer Zeitung. So gab es im Jahr 2015 zwei Lawinenabgänge, die jeweils ein Todesopfer forderten. Der Schwarzwald ist nämlich mit seinen nach Norden und Osten steil abfallenden Hängen prädestiniert für jene Naturgewalten. Durch den Westwind wird der Schnee aufgewirbelt und türmt sich an den steilen Hängen auf, wo er sich plötzlich lösen kann. Daher hat die Bergwacht gemeinsam mit der Gemeinde St. Blasien und dem Liftverbund Feldberg am Grafenmatt erstmals ein Trainingsgelände eröffnet, auf dem Wintersportler die Suche nach Verschütteten üben können. „Wer ein sogenanntes LVS besitzt, der sollte auch damit umgehen können“, erklärt der Experte.

LVS kann Leben retten

Dieses Lawinenverschüttetensuchgerät, das Wintersportler bei sich tragen sollten, kann Leben retten, sofern es korrekt angewendet wird. Doch alleine nutzt es nichts, mahnt Scherer. Eine Schaufel samt Sonde sollte mit zur Ausrüstung gehören, wenn man jenseits der gesicherten Pisten im schneereichen Gelände unterwegs ist. Scherer empfiehlt, dabei nicht alleine zu sein, damit Begleiter den Verschütteten aus seiner Lage befreien können. Denn bis die Bergwacht am Ort des Geschehens eintrifft, kann es bereits zu spät sein. „Die Zeit läuft unerbittlich ab“, warnt Scherer.

Richtiges Vorgehen üben

Der Verschüttete muss aber erst einmal gefunden werden, und hier kommt das LVS ins Spiel, das Signale senden und empfangen kann: Am Übungsplatz wird das richtige Vorgehen im Notfall simuliert. „Unter Schnee sind Sender vergraben, die der Nutzer an der Steuerzentrale nach einem Zufallsprinzip aktiviert, sodass einfache und komplexe Lawinenszenarien geprobt werden können“, erläutert Scherer das Prinzip.

Mit dem LVS wird die Signalquelle geortet, dann beginnt die Feinsuche per Sonde – eine erfolgreiche Punktortung auf der Tastfläche des Senders wird an der Steuerzentrale angezeigt und akustisch bestätigt. Anschließend werden noch die Suchzeiten eines jeden Senders angezeigt. Für Scherer stellt das Angebot eine sinnvolle Neuerung dar, die jeder Wintersportler nutzen sollte, der ein LVS besitzt.

Hohe Eigenverantwortung

„Wer die Skipiste verlässt, trägt eine hohe Eigenverantwortung“, betont Scherer. Ein LVS schützt zudem nicht davor, in gefährliche Situationen zu geraten. Grundsätzlich müssten sich Wintersportler mit den Eigenschaften des Geländes auseinandersetzen, empfiehlt der Landesgeschäftsführer der Bergwacht Schwarzwald.

Auf die Frage, ob sich der Nutzer aufgrund der ausgefeilten Technik in einer trügerischen Sicherheit wähnt, erklärt Scherer, dass diese Gefahr nicht von der Hand zu weisen sei. Vielmehr sei es aber eine Frage des gesunden Menschenverstands, ob man sich kaum kalkulierbaren Risiken aussetze.

Immer mehr Einsätze

Generell verzeichnet die Bergwacht steigende Notfallzahlen. Die bisherige Höchstmarke wurde vergangenes Jahr mit 1455 Einätzen erreicht. „Es sind viel mehr Menschen in der Natur unterwegs, und oftmals sind sie unvernünftig“, moniert Scherer. Überdies führen Trendsportarten wie Schneeschuhwandern dazu, jenseits sicherer Areale unterwegs zu sein.

Was die Bergwacht auch immer häufiger beobachte, ist die Notfallart „Blockade“. Dabei stecken ungeübte Wanderer oder Kletterer in misslichen Situationen, aus der sie alleine keinen Ausweg finden. „Dann leisten wir Hilfe.“

Kein Personalmangel

Die Bergwacht sei dafür gut aufgestellt, so Scherer: „Wir haben keine Probleme, Mitarbeiter zu finden“, verweist er auf das große Interesse an einer ehrenamtlichen Tätigkeit bei der Bergwacht. Wichtig sei es, den Rettern den Rücken freizuhalten, weshalb man die Verwaltungsarbeit ausgebaut hat. „Denn das Ehrenamt benötigt professionelle Strukturen.“

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