Kreis Lörrach Wenn keiner Secondhand kaufen will

Maja Tolsdorf
Unmut gab es zuletzt auch über die vermüllten Kleidercontainer an der Rheinstraße in Wyhlen. Foto: Heinz Vollmar

Ein Geschäft ist mit gebrauchter Kleidung kaum noch zu machen, denn Fast Fashion liegt im Trend. Die Qualität dieser Mode ist meist so schlecht, dass sie nicht wiederverwertet werden kann. Die Abfallwirtschaft des Landkreises Lörrach schlägt Alarm.

Häufig vermüllt, im Sommer gekündigt: die Altkleidercontainer bei St. Peter und Paul in Weil am Rhein Foto: Saskia Scherer

Berge von Altkleidern

Zurück bleiben Berge von Altkleidern, die keiner mehr will. Denn viele private und nicht so seriöse Anbieter hätten sich im Landkreis Lörrach zurückgezogen, ließen teils überquellende Kleidercontainer samt illegaler Müllablagerungen hinter sich und seien nicht zu erreichen, wie Silke Bienroth, Betriebsleiterin des Eigenbetriebs Abfallwirtschaft (EAL) im Landkreis Lörrach kürzlich in der Sitzung des Umwelt- und Betriebsausschusses erklärt hatte. „Die Dynamik, die wir beobachten, ist erschreckend“, sagte sie. Denn die Mengen an Second-Hand-Ware landen am Ende auf den Recyclinghöfen, sofern noch Platz ist, und der wird zunehmend knapp.

Nur wenige Orte ohne Containerproblem

Die EAL müsse sich nun Gedanken machen, auch über eine mögliche Zukunft ohne private und karitative Einrichtungen zur Verwertung von Altkleidern, sollte sich die Lage am Markt für Second-Hand-Mode nicht verbessern. Denn nur dann ist es dem öffentlich-rechtlichen Entsorger im Landkreis Lörrach möglich, die getragene Kleidung über den Restmüll in die Kehrichtverbrennungsanlage (KVA) in Basel zu geben. Immerhin wird sie dort nach der thermischen Entsorgung für die Energiegewinnung verwendet, wie EAL-Pressesprecherin Anna Sebastian auf Anfrage unserer Zeitung erklärt. Sollte die EAL für den zusammenbrechenden Kleider-Recyclingmarkt in die Bresche springen und Kapazitäten erhöhen müssen, ginge das nicht ohne Gebührenerhöhungen, erklärt Sebastian: „Die Mengen sind für die aktuellen Kapazitäten viel zu hoch.“ Denn es gibt im Landkreis Lörrach nur wenige Orte, die kein Problem mit überquellenden Altkeidercontainern und illegaler Müllentsorgung drumrum haben.

Missbräuchliche Müllablagerung

In Wyhlen gab es zuletzt an der Rheinstraße völlig vermüllte Container, in Schopfheim türmten sich zuletzt hinter dem Friedhof in Fahrnau zwischen Altkleider- und Altglas-Containern kistenweise Marmeladengläser, Sekt- und Wein-Flaschen sowie Restmüll. Im Sommer wurden in Weil am Rhein Altkleidercontainer auf dem Gelände von St. Peter und Paul gekündigt. Der Grund: die extreme missbräuchliche Müllablagerung.

Auch Schweizer Textilsammelstellen in Bedrängnis

Auch Schweizer Textilsammelstellen hat die Kleidung von chinesischen Online-Händlern in Bedrängnis gebracht. Tell-Tex, ein Recyclinghof im Kanton Aargau, könne „knapp noch kostendeckend“ sammeln und verwerten, sagte Betriebsleiter Sascha Sardella im Gespräch mit dem Schweizer Radio und Fernsehen SRF. Den Grund dafür sieht Sardella bei chinesischen Billiganbietern. China exportiere zu wesentlich günstigeren Preisen, als Secondhand-Kleidung aus der Schweiz koste, sagte Sardella. „Unsere Ware ist nicht mehr gefragt“, fügte er an. Das billige Material könne nicht wiederverwertet werden und lande auf Deponien.

Kreisläufe schaffen

Um textile Kreisläufe in der Schweiz sicherzustellen, haben sich dem Verein Fabric Loop, Modemarken wie Switcher, Calida oder Mammut angeschlossen. Der Verein will einen vorgezogenen Recyclingbeitrag einführen, um einen textilen Kreislauf in der Schweiz zu finanzieren. Adrian Ruhstaller von Fabric Loop und EAL-Pressesprecherin Anna Sebastian sind sich unabhängig voneinander einig: „Es muss ein Umdenken stattfinden.“

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