Nächtelang hat sich der Mann im Internet über die Krankheit informiert und gesucht, wo er Hilfe bekommen kann. Und froh ist er heute darüber, dass er den Kontakt zur Caritas und deren Demenzberaterin Carola Behringer gefunden hat. „Das ist eine starke Erleichterung. Ich weiß nicht, wo ich sonst wäre. Allein ist man überfordert.“ Inzwischen hat der Mann dank der Unterstützung durch eine Bekannte und dank der Caritas für einen Tag in der Woche Freiraum für sich selbst. Das braucht ein pflegender Angehöriger, um Luft holen zu können. Hermann M. wünscht sich auch, dass in Arztpraxen verstärkt Infobroschüren zum Thema Demenz ausgelegt und Hinweise zu entsprechenden Netzwerken gegeben werden.
„Das war ein Riesenschock“
Monika K., die eine sehr enge Beziehung zu ihrem Bruder hat, spricht von einem „Riesenschock“, als bei ihm, einem Mittvierziger, vor einem Jahr Demenz diagnostiziert wurde. „Ich hatte zwei Monate Angstzustände, wie die Familie die Folgen bewältigen soll“, sagt seine Schwester. Mit zunehmend fehlender Orientierung hatten die Probleme bei ihrem Bruder angefangen. Hinzu kam, dass bei ihm plötzlich alles viel langsamer vonstatten ging. Es sei ein Kontrollverlust, bei dem man merke, dass einem alles langsam entgleitet, schildert die Schwester die Probleme. Der mit seinen beiden Kindern im Teenageralter allein lebende Mann gestaltet den Tag zwar, mit Unterstützung durch Geschwister und Eltern, noch weitgehend selbst.
Doch das wird zunehmend schwieriger. Er ist krankgeschrieben, arbeiten wird er nicht mehr können. Um wenigstens eine Erwerbsminderungsrente zu bekommen, müsse man einen bürokratischen Hindernislauf mit vielen Regularien überwinden, schildert Monika K. die Situation. Und ohne Pflegestufe habe man kaum Chancen. „Viele Demenzkranke rutschen bei der Pflegeeinstufung durch“, weiß Carola Behringer aus Erfahrung. Folglich kommen auch finanzielle Sorgen hinzu, wenn man beispielsweise nur an die Kosten für Ergotherapie und Logopädie denkt. Und eine Erfahrung, die Monika K. bei Behördengängen für ihren Bruder gemacht hat: „Oft fehlt es an Menschlichkeit.“ Da eine psychische Krankheit nicht greifbar ist, sei es schwieriger, eine notwendige Kur oder Reha zu bekommen. Ein weiterer Kritikpunkt: Vier Monate habe es gedauert, bis ihr Bruder einen Termin bei einem Neurologen bekommen habe. Auch vermisst die Frau Selbsthilfegruppen für jüngere demenzkranke Menschen im Alter von 40 bis 65 Jahren.