Versammlung: SPD-Kreisverband beschäftigt sich mit der Zukunft der EU
„Quo vadis Europa“, wohin gehst du, Europa? Das war das Motto, unter dem sich der SPD-Kreisverband dieser Tage im Grenzacher Haus der Begegnung versammelte, um über die Zukunft der Europäischen Union zu diskutieren und Delegierte für die Europawahlkonferenz der Landes-SPD zu wählen.
Kreis Lörrach. „Steuervermeidungsstrategie, das klingt so harmlos. Ich nenne es asoziales Handeln“, rief der SPD-Kreisvorsitzende Philipp Schließer laut einer Mitteilung der Partei unter dem Applaus der Genossen in den voll besetzten Saal. Kurz zuvor hatte er in seiner Eröffnungsrede darauf hingewiesen, dass Europa weltweit die Region mit den höchsten Verlusten durch eben diese „Steuervermeidungsstrategien“ sei. Ganze 200 Milliarden Euro gingen dem Fiskus jährlich durch die Lappen, während das Budget der gesamten EU im gleichen Zeitraum lediglich 145 Milliarden Euro betrage.
Neben dem Thema Steuerhinterziehung stellte Schließer das am Montag veröffentlichte Analysepapier zur Bundestagswahl in den Mittelpunkt seiner Rede. Die SPD müsse endlich „den pragmatischen Mittelweg verlassen“ zitierte er daraus. Die Partei müsse nun klare Positionen beziehen, auch wenn diese nicht allen passten.
Abgeordneter sieht Europa am Scheideweg
Der Grenzach-Wyhlener Parteivorsitzende Robert Blum wies in seiner Eröffnung auf das „Gewerbesteuerdilemma“ hin, in dem die Gemeinde Grenzach-Wyhlen gerade stecke. Ein hier ansässiges Unternehmen hätte zwar jahrelang Gewerbesteuern bezahlt, aber stets die Rechtmäßigkeit angezweifelt und nun auf Rückzahlung geklagt. Das Problem sei vor allem, sagte Blum, dass die Gemeinde keinen Einblick in die Verhandlungen bekäme und die Zinsen bei einer eventuellen Rückzahlung der Kommune finanziell das Genick brechen könnten. Er kündigte an, dass der Vorsitzende des Bundestagsfinanzausschusses am 10. Juli nach Grenzach-Wyhlen kommen und sich vor Ort ein Bild machen würde.
Der Mannheimer Europa-Abgeordnete Peter Simon sieht Europa am Scheideweg, wie er in seiner Rede deutlich machte. Überall in Europa hätten Parteien Zulauf, die nationale Lösungen für die anstehenden Probleme einfordern würden. Dabei sei die Europäische Union eine Erfolgsgeschichte, die ihresgleichen suche. Der Wohlstand ist überall in der Gemeinschaft höher als jemals zuvor, und die Unvorstellbarkeit innereuropäischer Kriege sei ebenso Verdienst der EU.
Simon sieht die Gründe daher weniger in der Vergangenheit als vielmehr in der Zukunft. Heute stünde Europa vor zahlreichen Problemen, die so nur auf dieser Ebene gelöst werden könnten: Die Verteilung der Flüchtlinge, die nach wie vor köchelnde Eurokrise oder der Umgang mit schwierigen Partnern wie US-Präsident Donald Trump.
Große Antworten werden gefordert
Gleichzeitig machten die derzeit Verantwortlichen nicht den Eindruck, als könnten sie auf die großen Fragen auch große Antworten liefern. Die einzigen, die derzeit eine ausformulierte – wenn auch furchtbare – Alternative zu bieten hätten, seien die Rechtspopulisten, sagte Simon. Als Antwort müssten die Sozialdemokraten selbst eine neue Vorstellung liefern können, wie ein gemeinsames solidarisches Europa denn aussehen würde.
Eine solche Vision sei durchaus in Sicht, zeigte sich Simon überzeugt. Der französische Präsident Emmanuel Macron, der zwar innenpolitisch weit von den Sozialdemokraten entfernt sei, habe etwa eine europapolitische Vision entworfen, mit der sich eine sozialdemokratische Partei gut anfreunden könne.
In der anschließenden Diskussion kamen laut der Mitteilung des SPD-Kreisverbands die Themen Entwicklungspolitik, Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich, Lösungswege der Eurokrise und der Umgang mit Flüchtlingen zur Sprache. Als Delegierte für die Europawahlkonferenz wurden Jonas Hoffmann, Vanessa Edmeier und Philipp Schließer gewählt.
