Kreis Lörrach Wohl das vorerst letzte positive Jahr

Die Oberbadische
Den Kliniken des Landkreises Lörrach stehen nach jetziger Schätzung finanziell angespannte Jahre bevor. Foto: Archiv

Kreiskliniken: Jahresabschluss 2020 erhält Zustimmung / Erwartetes Millionendefizit trübt Stimmung

Um die finanzielle Situation der Kliniken des Landkreises Lörrach GmbH und des „Eli“ ging es in der Sitzung des Verwaltungsausschusses am Mittwoch. Obwohl auf der Tagesordnung dabei lediglich die Jahresabschlüsse für 2020 standen, blickte Armin Müller, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Kreiskliniken, auch auf den Jahresabschluss für 2021 voraus. Hier droht den Kreiskliniken und dem „Eli“ ein Rekordverlust von acht bis neun Millionen Euro (wir berichteten).

Von Adrian Steineck

Kreis Lörrach. Müller plädierte nochmals dafür, dass die Jahre 2020 und 2021 gemeinsam betrachtet werden sollten. Bei der Beschlussfassung ging es der Tagesordnung gemäß dann aber lediglich um den Jahresabschluss 2020.

Überschuss und Verlust

Diesen an den Kreistag zu empfehlen, war für die Mitglieder des Verwaltungsausschusses ein Leichtes. Schließlich konnte aufgrund von Bundesgeldern für das Jahr 2020 noch ein Überschuss erzielt werden: Rund 17 Millionen Euro gab es als Corona-Ausgleich; dadurch hat die GmbH im vergangenen Jahr einen Gewinn von 3,8 Millionen Euro erzielt. Die Zahlungen aus den Corona-Rettungsschirmen I und II der Bundesregierung enthalten im Wesentlichen Ausgleichszahlungen für Einnahmeausfälle aus nicht belegten Betten und einen Bonus für die Schaffung zusätzlicher Intensivbetten. Hinzu kommen etwa 3,3 Millionen Euro an Landesunterstützung. Insgesamt sind rund 21,5 Millionen Euro an Mitteln des Bundes und des Landes an die Kreiskliniken und die Tochtergesellschaft für das St. Elisabethenkrankenhaus geflossen. Deutlich übertroffen wurden damit die Überschüsse aus den Jahren 2018 (812 000 Euro) und 2019 (1,3 Millionen Euro).

Zur Corona-Situation

„Wir hatten in Lörrach extrem viele Covid-19-Patienten“, legte Müller dar. So liegen die Kliniken des Landkreises Lörrach bei den Clinotel-Kennzahlen für das Jahr 2020 an siebter Stelle, was die Versorgung von Patienten mit dem Coronavirus angeht.

Aktuell ist die Station Hochrhein mit zehn Patienten belegt, davon fünf positiv getestete Patienten und fünf Verdachtspatienten. Ein positiv getesteter Patient ist auf der Intensivstation, wie Müller darlegte.

Weniger Patienten

Insgesamt wurden im Jahr 2020 an den Kliniken des Landkreises Lörrach gut 18 000 Patienten behandelt. Im Jahr 2019 waren es gut 23 000, im Jahr 2018 mehr als 24 000. Zugleich hätten mehr als 60 Prozent aller Krankenhäuser im Land es mit einem Patientenrückgang zu tun. „Es droht ein Rekord an negativen Ergebnissen“, prognostizierte er mit Blick auf die Jahresabschlüsse der Kliniken in Deutschland.

Auch beim St. Elisabethenkrankenhaus sind die Patientenzahlen rückläufig: Gut 10 000 Patienten im Jahr 2020 stehen mehr als 11 000 im Jahr 2019 und mehr als 12 000 im Jahr 2018 entgegen.

Meilensteine erreicht

Als Meilensteine des Jahres 2020 nannte der Geschäftsführer der Kreiskliniken den Abschluss der Umsetzung des neuen Organisationskonzepts, das unter anderem eine Prozessharmonisierung und die Zusammenführung der Abteilungen Patientenservice und IT vorsieht. Auch auf die Eröffnung einer interdisziplinären Wahlleistungsstation für Gynäkologie, Urologie und Hals-Nasen-Ohren-Beschwerden mit 20 Betten wies Müller hin.

Zum neuen Klinikum

Auch auf den Fortschritt beim Zentralklinikum oder neuen Klinikum, wie es auf Wunsch der Kliniken des Landkreises Lörrach GmbH künftig genannt werden soll, ging Müller ein. Besonders freute er sich über die Genehmigung der Finanzierung für das neue Klinikum durch den Aufsichtsrat und den Kreistag. Auch ein Fördergespräch mit dem Sozialministerium habe es gegeben, wenngleich bisher noch kein Fördermittelbescheid vorliegt. Der Finanzierungsvertrag in Höhe von 165 Millionen Euro ist unterzeichnet; eine förderunschädliche Teil-Baugenehmigung für erste Erdbaumaßnahmen ist beantragt. Auch gibt es bereits eine Baugenehmigung für Rohbauarbeiten. Das neue Klinikum habe im Geschäftsjahr jederzeit im Zeit- und Kostenplan gelegen, schloss Müller.

Wie die Situation in der Pflege ist, legte Kathrin Knielange, Geschäftsführerin Pflege, dar (wir berichten noch).

Was die Räte sagen

Von den Kreisräten gab es viel Zustimmung für das Gehörte. Paul Renz (CDU) sagte, dass es beim Jahresabschluss für das Jahr 2020 nichts zu kritisieren gebe. Mit Blick auf die Prognose für 2021 sprach er von einer „schwierigen Situation“, zumal der Patientenrückgang in den Lörracher Kliniken stärker als im Bundesdurchschnitt sei. Eventuell liege das auch an einem „Imageproblem in der Notaufnahme“.

Ulrich May (Freie Wähler) hob hervor, dass das Jahresergebnis 2020 das neunte positive Ergebnis in Folge ist. „Aber wenn man sieht, wie es jetzt läuft, hält sich die Freude darüber in Grenzen“, meinte er weiter. „Das ist kein Schnupfen, sondern eine handfeste Grippe“, griff May ein Zitat Armin Müllers gegenüber unserer Zeitung auf. Zugleich sei es schade, dass die engagierte Arbeit des Klinikpersonals während der Corona-Pandemie durch die jetzige Diskussion um Zahlen in den Hintergrund geraten ist.

Margarete Kurfeß (Grüne) erinnerte daran, dass „wir immer stolz waren auf die schwarzen Zahlen“. Angesichts der derzeitigen Situation müssten sich die Kliniken des Landkreises Lörrach und die Politik aber für die Zeit rüsten, in der das neue Klinikum den Betrieb aufnimmt.

Als „alles andere als erfreulich“ bezeichnete Klaus Eberhardt (SPD) die gehörte Prognose. Der Aufsichtsrat der Kliniken müsse sich mit Maßnahmen beschäftigen, wie einem Verlust in den kommenden Jahren entgegengesteuert werden kann. Zugleich wand er Müller ein Kränzlein: „Ich persönlich mache eine Geschäftsführung nicht nur an den Zahlen fest, sondern auch an der Ernsthaftigkeit, mit der sie ans Werk geht.“

Wolfgang Fuhl (AfD) bezeichnete den Jahresabschluss 2020 als „hervorragend“ und betonte, dass er volles Vertrauen in die Geschäftsführung habe.

Manuel Karcher (FDP) meinte, dass ein Schnupfen kurierbar sei. Aber: „Auch unter dem Rettungsschirm regnet es weiter“, sagte er mit Blick auf die Zuwendungen vom Land. Die Kliniken würden noch einige angespannte Jahre vor sich haben.

Am Ende empfahl der Ausschuss den Betriebsabschluss der Kreiskliniken für 2020 einstimmig an den Kreistag.

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