Kreis Lörrach „Zurückhaltung Gebot der Stunde“

Peter Ade
Auf die Krankenhäuser rollt die größte Welle an Covid-Intensivpatienten seit Pandemiebeginn zu. Foto: Jens Büttner/dpa:

Kreiskliniken: Enorme Personalbelastung / Chefarzt Osterhues: „Situation nicht mehr normal“

Angesichts der dramatischen Zuspitzung der Coronalage appellieren die Verantwortlichen der Kreiskliniken, sich unbedingt impfen zu lassen und Menschenansammlungen tunlichst zu meiden. „Zurückhaltung ist das Gebot der Stunde“, sagt Chefarzt Professor Dr. Hans-H. Osterhues.

Von Peter Ade

Kreis Lörrach. „Das ist nicht mehr normal“, beschrieb Osterhues gestern im Rahmen eines Pressegesprächs die derzeitige und wohl noch länger andauernde Belastung des Klinikpersonals in allen Bereichen. Ärzte und Pflegekräfte stünden Tag für Tag vor gewaltigen Herausforderungen. Auf die Krankenhäuser rolle die größte Welle an Covid-Intensivpatienten seit Pandemiebeginn zu. Planbare Operationen müssten verschoben werden.

Am vergangenen Sonntag stieg die Sieben-Tage-Inzidenz im Landkreis Lörrach auf 389,4 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner. Fast 3000 Menschen mit Covid-19 werden in baden-württembergischen Kliniken behandelt. Zuletzt benötigten sechs Covid-Patienten im Landkreis Lörrach intensivmedizinische Versorgung, zwei müssen derzeit beatmet werden.

Rund um den 22. November sei landesweit von einem Bedarf von 600 Intensivbetten auszugehen, hatte Uwe Lahl, Amtschef des Stuttgarter Sozialministeriums, am 12. November an die Kliniken im Land geschrieben. Die Lage sei schwieriger als Ende Dezember 2020. Es gebe weniger freie und betreibbare Intensivbetten als in den vorangegangenen Pandemiewellen. Auch fehle Personal, um die anspruchsvolle Aufgabe zu übernehmen, hieß es gestern aus den Lörracher Kreiskliniken.

Derzeit sind im Südwesten 232 von 2260 Intensivbetten frei. In zehn der 44 Stadt- und Landkreisen gibt es maximal noch ein freies Intensivbett für Erwachsene – in sieben Landkreisen (darunter im Landkreis Waldshut) sind alle Betten belegt. Dazu kommt eine sogenannte Notfallreserve von 1139 Betten, das heißt: Betten, die innerhalb einer Woche bereitgestellt werden können.

Eiserne Nerven

„Unser Personal braucht eiserne Nerven und eine starke innere Balance“, erklärte Kathrin Knelange, Geschäftsführerin Pflege. Die derzeit gültigen Rahmenbedingungen führten zu starken körperlichen Belastungen der Mitarbeiter. Es sei nicht verwunderlich, dass es immer wieder Pflegekräfte gebe, die sich beruflich verändern wollten.

Den herrschenden Personalmangel beklagte insbesondere die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Ulrike Tanner-Halberstadt. Auch forderte sie eine „deutliche Verbesserung“ der Arbeitsbedingungen in der Pflege.

Kliniken-Geschäftsführer Armin Müller kündigte an, dass im kommenden Jahr unter dem Dach der Schule für Pflegeberufe ein zusätzlicher Ausbildungskurs angeboten werde, um den Bedarf an Kräften langfristig befriedigen zu können. Heftige Kritik übte Müller an der Politik. Sie fordere eine Bettenfreihaltung für Covid-Patienten, sage aber nicht, wie die Kliniken das dadurch entstehende Finanzdefizit ausgleichen können. „Dadurch fehlt vielen Häusern die Sicherheit hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Zukunft.“

Noch in der ersten und zweiten Coronawelle seien die Kliniken diesbezüglich abgesichert gewesen. „Jetzt ist das nicht mehr der Fall. Das ist einfach fatal“, betonte der Geschäftsführer.

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