Täter zu früh aus der U-Haft entlassen?
Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Migrationsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV), Thomas Oberhäuser, verneinte am Samstag im Deutschlandfunk die Frage, ob Justiz und Verwaltung die Tat hätten verhindern können. Er verwies auf rechtliche Abwägungen und Vorgaben in Untersuchungshaft-Fällen. Justiz und Verwaltung hätten allenfalls die Tat dadurch verhindern können, dass sie ihn weiterhin in Untersuchungshaft gehalten hätten, so Oberhäuser. "Aber da hat die Justiz entschieden, dass das unverhältnismäßig gewesen wäre angesichts der ihm vorgeworfenen Tat."
Nach Angaben Maelickes schreibt Paragraf 9 des Hamburger ResOG einen verbindlichen Eingliederungsplan vor mit Regelungen zur sozialen Situation, zum Aufenthaltsort, zu Suchtverhalten und zur Sicherung des Lebensunterhalts. "Auch die im Gesetz vorgesehenen Maßnahmen zur Prävention sind in diesem Einzelfall nicht erkennbar", kritisierte er im "Hamburger Abendblatt".
Motiv ist weiter unklar
Das Motiv des Tatverdächtigen ist unterdessen weiter unklar. Ibrahim A. hat nach Angaben seines Anwalts beim Haftrichter-Termin keine Aussagen zur Sache gemacht. Nach Vorliegen von Ermittlungsergebnissen werde er mit seinem Mandanten sprechen, sagte Anwalt Björn Seelbach der Deutsche Presse-Agentur am Samstag auf Anfrage.
Der Fahrgastverband "Pro Bahn" und die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer GDL sprechen sich laut einem Bericht der "Lübecker Nachrichten" (Sonntag/Montag) unterdessen für mehr Sicherheitsmaßnahmen in den Zügen aus. "Wir fordern einen flächendeckenden Ausbau der Videoüberwachung in allen Waggons", sagt Karl-Peter Naumann von "Pro Bahn". Das könne Kriminalität in den Zügen womöglich nicht immer verhindern. "Es hilft aber in jedem Fall, die Täter zu fassen. Und das ist insbesondere für die Opfer von hoher Bedeutung."
Die GDL trifft dem "LN"-Bericht zufolge in Kürze mit der landeseigenen Verkehrsgesellschaft Nah.SH, um über die Konsequenzen aus dem Angriff zu beraten. "Wir fordern schon seit Langem mehr Sicherheitsmaßnahmen in den Zügen", sagte der GDL-Bezirksvorsitzende Hartmut Petersen der Zeitung zufolge.
Laut Dennis Fiedel von Nah.SH verfügen alle neueren Regionalzüge, die seit 2015 im Einsatz sind, über Videotechnik, wie die "Kieler Nachrichten" am Samstag schreiben. Doch der RE 70, in dem sich die Messerattacke abspielte, war ein Ersatzzug ohne Videoaufzeichnung.