Kultur Beklemmend und unwirklich

Die Oberbadische
Foto: Beatrice Ehrlich Foto: Die Oberbadische

Theater: Tempus fugit zeigt im Kesselhaus in Weil am Rhein Franz Kafkas „Das Schloss“

Von Beatrice Ehrlich

Weil am Rhein. Albtraumhafte Verwirrung und demonstratives Nicht-Verstehen sind der Grundtenor von Franz Kafkas Roman „Das Schloss“. Unter der Regie von Vaclav Spirit gelingt es den jungen Nachwuchsschauspielern des freien Theaters Tempus fugit, den von Kafka unvollendeten Roman als beklemmendes Kammerspiel auf die Bühne zu bringen.

Immer wieder scheitert der Protagonist Josef K. bei dem Versuch, Fuß zu fassen in dem abgelegenen Dorf, wohin er gekommen ist, um als Landvermesser zu arbeiten. Auch wenn sich ihm dort Türen öffnen, bleibt er doch stets ausgeschlossen von den Mechanismen der Macht und der gesellschaftlichen Anerkennung. Von vermeintlich Höhergestellten wird er auf subtile Weise – nämlich durch Nichtbeachtung – gedemütigt und von den Frauen der Untreue bezichtigt, bis er in der aufsehenerregenden Schlussszene, in der ihn alle Akteure gemeinsam noch einmal mit großem Lärm bedrängen kapituliert mit einem gewaltigen, verzweifelten Schrei.

Mit dem Kunstgriff, Josef K. und auch die anderen Personen im Stück immer wieder von anderen Schauspielern und auch Schauspielerinnen darstellen zu lassen, wird die Auswegslosigkeit von K.s Bestreben ganz besonders deutlich. Vermittelt er doch so in jeder Szene das Gefühl, immer wieder bei Null anfangen und sich immer wieder von Neuem erklären zu müssen, sei es im Gespräch mit der Wirtin, der Dorfvorsteherin, mit dem Beamten Bürgel oder verschiedenen Frauen, die sich ihm annähern. Durch die sich fast rhythmisch wiederholenden, szenischen Anordnungen, aber auch durch die ähnlich wie im Stummfilm programmatisch beigestellte Musik von Johan Olsson bleibt das Stück dennoch im Fluss.

Hermetische Geschlossenheit der Welt von Josef K.

Eindrucksvoll unterstreicht das Bühnenbild mit hohen Wänden in Weiß und Schwarz die hermetische Geschlossenheit der Welt von Josef K., die sich letztlich auf wenige Räume beschränkt und im Laufe des Stücks immer kleiner zu werden scheint.

Hin und wieder ist im Hintergrund in der Ferne das Schloss zu sehen – als unerreichbarer Ort, von dem aus alles gesteuert zu werden scheint. Mit Video projizierte Schneeflocken, durch die sich der Protagonist mitten in der Nacht zum Schloss vorzukämpfen sucht, lassen an einen nicht enden wollenden, eiskalten Winter denken. Auch die Akteure erscheinen durch ihre blass geschminkten Gesichter gespenstisch, wie Gestalten aus einer unwirklichen Welt.

Nicht zuletzt akustisch wird K. förmlich in die Ecke gedrängt: durch die zahlreichen chorisch gesprochenen Passagen, ein dramatisches Stilmittel, das bei Tempus fugit oft zum Einsatz kommt. Obwohl er widerspricht, ja schreit, kann er sich kein Gehör verschaffen. In solchen Szenen wird seine Außenseiterrolle überdeutlich.

Die drei ihm zur Seite gestellten Gehilfen, vorwitzig und omnipräsent, durchbrechen mit ihrer lebhaften Minenspiel und den bunten Kostümen die dominierende Kälte des Stücks. Doch als letzte Überbleibsel einer diesseitigen, lebendigen Welt, jagt K. sie schließlich davon.  Termine: Samstag, 19. Januar, 20 Uhr im Kesselhaus in Weil am Rhein; 1. Februar, 10 und 20 Uhr, 2. Februar, 20 Uhr, Neues Theaterhaus Lörrach; 15. und 16. März, 20 Uhr, Bürgersaal Rheinfelden

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