Kultur Hommage an Nike

Gabriele Hauger
Blick in die Ausstellung und auf die Bandbreite aktuellen Designs Foto: Gabriele Hauger

Wird das eine reine Werbeausstellung für den Weltkonzern Nike? Keineswegs, betont das Vitra Design Museum. Der Fokus der Schau „Nike Form Follows Motion“ liegt auf der Designgeschichte, auf dem Zusammenspiel von Sport, Design und Gesellschaft.

Der überdimensionale Sportschuh auf dem Plakat vor dem Museum dürfte die Herzen der Nike-Fans höher schlagen lassen. Es ist die erste Ausstellung über Nike, die größte Sportmarke weltweit. Nike ist Kult. Schon die Kids tragen Schuhe, Hoodies, Rucksäcke, auf denen das charakteristische Swoosh-Logo prangt – kreiert übrigen von der Designerin Carolyn Davidson – eine Art Statussymbol. Nike hat einen coolen Ruf, der in den sozialen Medien, in der Hip-Hop-Szene gepusht wird. Manche Sneaker-Modelle werden geradezu verehrt. Den Namen der Marke verbindet man mit Promis aus Show, Musik und Sport. Der Hype dauert schon lange. Top Stars wie der Basketballer Michael Jordan, nach dem ein Sportschuh benannt wurde, oder Elton John, für den 1982 ein spezieller Schuh entworfen wurde, unterstreichen dies.

Die Siegesgöttin Nike

Dies war im übrigen auch die Zeit, als Nike – benannt nach der griechischen Siegesgöttin – seinen großen Durchbruch hatte. Die Marke schaffte den Sprung von der Leichtathletik zu anderen Sportarten wie Basketball, Skating oder Fußball, erreichte prominente Namen des Tennis wie André Agassi oder Serena Williams. Letztere, höchst modebewusste Tennisspielerin half sogar als Ideengeberin mit, um für sie passende Kleider und einen die Beinmuskel warmhaltenden Spezialschuh entwickeln zu lassen.

Designhistorie

Prominent in den 80er Jahren war die Entwicklung der Air-Sohle mit ihren gasgefüllten Druckkapseln zur besseren Dämpfung, von Frank Rudy, Ende der 60er Jahre eigentlich für Skischuhe erdacht – und später weiterentwickelt.

Mode zum Schuh von Diane Katz Foto: Gabriele Hauger

Spannend ist indes der Blick zurück in der chronisch gegliederten, von Designhistoriker Glenn Adamson kuratierten Ausstellung. Die Wurzeln des späteren Weltkonzerns liegen in den 60er Jahren in der Leichtathletik: Phil Knight, selbst Läufer, und der Erfindergeist Bill Bowerman verband die Frage: Wie kann man den individuellen Bedürfnissen der Läufer gerecht werden, ein Motto, das der Konzern bis heute verfolgen möchte. Fotos, Skizzen und Modelle zeigen, wie hier getüftelt wurde. Und welch sinnvolle Produkte entstanden: beispielsweise der Schuh mit einer Fersenkappe zum besseren Halt, die sogar das berühmte Logo verdecken durfte. Gezeigt wird auch der Doppelkeilschuh mit Waffelsohle. Letztere hat Bowermann erfunden, angeblich inspiriert von einem Waffeleisen. Fotografien siegreicher Leichtathleten künden vom späteren Siegeszug der Sportmarke, ebenso entsprechende Videos.

Das Plakat – ein Hingucker Foto: Gabriele Hauger

Im dritten und größten Raum wird als Eyecatcher aktuelle Nike-Sportmode präsentiert. Ringsum gibt es Beispiele zur zukunftsweisenden Materialtechnologie. Hier wird das Bemühen um die Entwicklung nachhaltiger Materialien gezeigt: eine Weste, die die Muskeln wahlweise kühlen oder wärmen kann, Badekleidung für Musliminnen als Hinweis auf angestrebte Inklusion oder spezielle Libellenflügel-förmige Sohlen, die die Druckpunkte optimieren sollen. Produkte aus dem Hightech-Labor.

Fast sakral

Fast sakral werden dann im oberen Stockwerk Schuhmodelle gefeiert, einzeln präsentiert in Glasvitrinen, als handele es sich um Preziosen. Für viele Nike-Anhänger sind sie das wohl auch. Das wird in abzurufenden Interviews von Nutzern deutlich.

Die ästhetisch präsentierte Ausstellung verneigt sich vor dem Erfindergeist der Designer, zeigt, wie sehr Design auch über den Sport in unsere Gesellschaft dringt. Der Zeitpunkt ist gut gewählt: Sind doch die faszinierenden Bilder der Olympischen Spiele in Paris noch in unseren Köpfen.

Schuh-Präsentation im Obergeschoss Foto: Gabriele Hauger

Die Ausstellungsmacher durften auf die Expertise und das firmeneigene Archiv des Konzerns mit seinen über 200 000 Objekten zurückgreifen. Wichtig ist Kurator Adamson der Verweis darauf, wie sehr der Sport in den letzten 50 Jahren die Körperwahrnehmung beeinflusst hat und ebenso das Verständnis von Geschlechterrollen und die Betonung der unabhängigen Perspektive der Ausstellung. Kritikpunkte am Weltkonzern Nike sucht man indes – berechtigt oder nicht – vergeblich.

21. September bis 4. Mai; es gibt einen Katalog und ein umfangreiches Begleitprogramm.

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