Akzentuiert und dramatisch
Johannsen, gebürtiger Wiener und Dietrich Fischer-Dieskau-Schüler, singt also sehr akzentuiert, dramatisch, ja theatralisch, aber nie manieristisch, nicht gekünstelt in der Phrasierung, auch wenn er einzelne Worte stark betont, stellt er sie doch in den Dienst der Text-Musik-Aussage. Er deklamiert durchgängig wortverständlich und plastisch, legt den Fokus ganz auf die Textvermittlung. (Manche kleinen stimmlichen Übertreibungen seien ihm großzügig verziehen). Die letzten Abschiedslieder kommen bei ihm auch nicht larmoyant daher, dazu hat Johannsens Tenor eine zu positive, helle, lebenszugewandte Ausstrahlung. An diesem Seelendrama hatte auch der ebenbürtige Klavierbegleiter seinen Anteil, bis hin zu den klangvollen Staccati (Tränentropfen). Walter Bass, ein Landsmann des Sängers, greift das dramatische Konzept des Gesangsinterpreten auf, assistiert höchst aufmerksam und gleichermaßen perfekt. Das war also keine Lied-Konfektion, was das erfreulich zahlreiche Publikum in der Fahrnauer Tonhalle mit Standing Ovations belohnt, sondern eine bis zum abschließenden „Leiermann“ höchst individuelle und bewegende „Winterreise“, die den Schubertschen Tonfall ebenso traf wie das lyrische Ich.
Das letzte Stiftungskonzert dieses Jahres im Fahrnauer Krafft-Areal ist am 14. Dezember mit dem Kammerorchester Pforzheim und Andrea Kauten (Klavier).