Kultur Lautstarker Ehekrach

Die Oberbadische
Anastasia Bickel, Matthew Swensen, Sarah Brady und Kimon Barakos Foto: Priska Ketterer Foto: Die Oberbadische

Theater Basel: Kurzoper „Trouble in Tahiti“ kommt in die Wohnzimmer

Von Jürgen Scharf

Basel. Ein verbrannter Toast landet mit der entsprechenden Geruchsspur aus der Küche auf dem Esszimmertisch, und die Stimmung zwischen den Eheleuten und der Hausfrieden sind dahin. Szenen einer Ehe à la Bernstein: Sam flüchtet vor seiner Frau Dinah in den Sportclub und in den Job, sie zum Psychiater auf die Couch. Er denkt ans Geld, an die Karriere, liest beim Frühstück die Zeitung; sie knabbert Pommes mit Ketchup, träumt und geht am liebsten ins Kino, um den Alltag zu vergessen, schaut sich zur Ablenkung die Südseeschnulze „Trouble in Tahiti“ an.

Eine knappe Stunde dauert die gleichnamige, selten gespielte Kurzoper, eine Mischung zwischen Oper und Musical, von Leonard Bernstein, mit der das Theater Basel jetzt in andere Orte und ausgesuchte Privathäuser geht und das Wohnzimmer zur Opernbühne macht. Das Setting muss stimmen, ein gutes Klavier vorhanden sein und Platz für Zuschauer, wenn man szenisch agieren will. An jedem Spielort muss neu inszeniert werden, die Auf-und Abgänge, die Durchreiche – das gelingt auch an diesem Abend temporeich und präzise.

Eine handverlesene Besucherschar ist in das vornehme Basler Stadthaus von Maria Thorgevsky und Dan Wiener eingeladen. Die Gastgeber sind selber Theaterleute. Am runden Tisch wird Appenzeller Bier „Quellfrisch“, naturtrüb, serviert; die Gäste spielen im Geiste Paartherapeuten. Es ist eine musikalische Fallstudie über Ehetristesse. In dieser Wohnzimmeroper geht es aber alles andere als langweilig zu. Lautstark endet jeder Versuch eines Gesprächs in Ehekrach.

Ins Ohr gebrüllt

Dem Tischnachbarn wird direkt ins Ohr gebrüllt/gesungen, von dem profunden bassstarken Bariton Domen Krizaj als Sam und der nicht minder aggressiven Mezzosopranistin Anastasia Bickel als hysterische Dinah (mit Faltenrock und keckem 50er-Jahre-Hütchen). Die beiden Mitglieder des Opernstudios giften sich mit gespieltem Ernst an und bewegen sich so selbstverständlich in dem Zimmer, als würden sie hier leben, während die Bediensteten ungemein komisch Haushalt und Wetter kommentieren.

Viel Situationskomik

Temperamentvoll geht es zu, manchmal echt heiß, mit viel Situationskomik, aber auch mit feiner Musik, die sich gar nicht nach eingängigen Musicalsongs anhört. Bewegt sich der West Side Story-Komponist Bernstein doch eher in den Fußstapfen von Kurt Weills Zeitopern am Broadway. Das hört man bei den opernhaften Rezitationsstellen in der ganz auf Kammeroper abgestellten Inszenierung von Maria Magdalena Kwaschik, die diese musikalischen Dispute ebenso spritzig, leichtfüßig wie mit dramatischer Zuspitzung inszeniert.

Der Einakter, der zur Entstehungszeit in den 1950er Jahren spielt, ist ein Werk beiderseits der fiktiven Grenze zwischen „schwerer“ und „leichter“ Musik. Stephen Delaney, musikalischer Leiter von Oper Avenir, in karierten Hosen, langt am Klavier so funky in die Tasten, dass man sofort hört, wie der „seriöse“ Komponist Bernstein hier die Mittel des Jazz verwendet. Ein lustiges Jazztrio, bestehend aus einem Girl (Sarah Brady) und zwei Boys (Matthew Swensen und Kimon Barakos), interveniert und mischt das Ehedrama mit viel Musical-Drive, Witz, Ironie und swingenden Rhythmen im Stil der damaligen Radiowerbung auf.

Bald singt dieser kleine Chor durch die Küchentür oder vom Wintergarten herein, spielt Dart und tut das Seinige dazu, dass die sieben Szenen mit dem Libretto vom Komponisten musikalische Satire vom Feinsten sind. Mit dem Ohrwurm „Island Magic“ endet das Stück traumhaft und macht diese kleine Produktion des Theaters zu einem echten Bijou.   12. / 13. Juni, 19.30 Uhr (Wohnzimmer in Riehen)

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