Kultur Mail-Art in Müllheim

Dorothee Philipp
Wortspiel mit Botschaft Foto: Dorothee Philipp

Im 50. Jahr seines Bestehens zeigt sich das Markgräfler Museum Müllheim so weltoffen und international wie noch nie mit der Ausstellung „Mail Art – (R)Evolution. Darin sind über 500 Beiträge aus 43 Ländern zu sehen.

380 Teilnehmer haben sich animieren lassen, zu Revolution und Evolution ein Statement abzugeben: nicht größer als DIN A 4 und auf dem Postweg versandt, so die Bedingung. Diese Form der Kommunikation ist seit den 1960er Jahren bekannt und stellt den tradierten Kunstbegriff, ja das ganze Kunstsystem in Frage. „Keine Jury, kein Honorar, keine Rückgabe“, lautet die Spielregel für die Einsendungen. Initiiert wurde das Projekt von dem in Müllheim lebenden Künstler Wolfgang Faller.

Flut an Material

Wie setzt man eine solche Flut von Material in Szene, ohne dass die Besucher regelrecht geflasht werden? Das Kuratoren-Trio Wolfgang Faller, Frédéric Letellier und Sylvia T. Verwick vom Arbeitskreis Kunst (AKKU) hat hier ganze Arbeit geleistet. Sie zieht sich durch mehrere Räume des Museums über zwei Etagen, wobei leichte, teilweise an Malertische erinnernde Holzkonstruktionen als Wegweiser bei dieser Schnitzeljagd fungieren.

Foto: Dorothee Philipp

Startpunkt ist der Raum links vom Eingang. Hier zeigt eine große Weltkarte mit Markierungen der Absenderländer den ganzen Umfang der Aktion. Eine Zusendung hat auf ihrem Weg nach „Müllheim im Markgräflerland“ sage und schreibe 16 000 Kilometer zurückgelegt. Der Umgang mit dem vorgegebenen Thema, dessen Idee von Frédéric Letellier stammt, reicht von spielerisch leicht über frech und lustig, chaotisch und wild bis zu finster und hoffnungslos. Dazwischen tummeln sich viele Arbeiten, in die man seine eigenen Gedanken einbringen kann.

So entstand eine Riesenplattform der Kommunikation rund um den Globus. Sei es ein Stoffstückchen, auf das zierlich bunt die drei Schlüsselwörter „Liberté, Égalité, Fraternité“ gestickt sind oder ein bestürzendes Bild von einem erschossenen Jugendlichen, der am Straßenrand in seinem Blut liegt, seien es Wortspiele oder grafisch gestaltete Wutausbrüche in schwarzer Farbe, gezeichnet, gemalt oder geschrieben und in einem Fall als „Botschaft“ auf ein Frühstücksbrettchen gebrannt – die Palette der Ausdrucksformen scheint unendlich.

Exponate miteinbezogen

Eine besonders schöne Lösung wartet am Ende des Rundgangs in Form von zwei diagonal gegeneinander gestellten großen Regalen ohne Böden, in denen an Drahtleinen die Arbeiten wie Wäschestücke aufgehängt sind. Die Regale wirken von weitem wie ein großes aufgeschlagenes Buch.

Die Welt trifft sich im Markgräfler Museum, wo sich Post aus 43 Ländern angesammelt hat. Foto: Dorothee Philipp

Und noch eine Wirkung hat die Ausstellung: Durch das selbstverständliche Einbeziehen der Dauerexponate erhalten diese einen neuen Kontext. Besonders gelungen ist das im Erdgeschoss, wo der schmale Malertisch mit den Mail-Art-Blättern vor der Kulisse einer eiszeitlichen Jagdszene eine besondere Beziehung zum Thema Evolution herstellt. Im Eckraum der Obergeschosses tritt das große Brodwolf-Bild mit einem vielteiligen, farblich raffiniert abgestimmten Tableau aus Mail-Art-Blättern in einen unerwarteten Dialog. Dass das Haus so umfassend „bespielt“ wird, freut Museumsleiter Andreas Weiß, der die Arbeit des Kuratoren-Teams lobt.

Trauriger Anlass

Im Erdgeschoss hat ein Künstler aus traurigem Anlass einen eigenen Platz bekommen: Ben Vautier, einer der ganz großen aus der Fluxus-Bewegung, ist am 5. Juni gestorben. Wolfgang Faller, der ihn kannte, hatte ihn zur Teilnahme am Mail-Art-Projekt eingeladen. Er erinnert an seinen Freund mit einem kurzen Text und einem kleinen gemalten Porträt.

bis 29. Dezember, Mi bis Sa, 14 bis 18 Uhr, So, 11 bis 18 Uhr

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