Seit einem Jahr ist Joss Reinicke Leiter des Motettenchors Lörrach, und er zeigt in seinen bisherigen Projekten, dass mit ihm als Dirigenten nicht nur im oratorischen, sondern auch im sinfonischen Bereich zu rechnen ist.
Zwei Großwerke der Sakralmusik und der Sinfonie erklangen beim Konzert des Motettenchors Lörrach mit dem Barockorchester L’arpa festante.
Seit einem Jahr ist Joss Reinicke Leiter des Motettenchors Lörrach, und er zeigt in seinen bisherigen Projekten, dass mit ihm als Dirigenten nicht nur im oratorischen, sondern auch im sinfonischen Bereich zu rechnen ist.
Ungewöhnlich war beim Konzert am Sonntag in der Bonifatiuskirche, dass eine große Mozart-Sinfonie mit einer fast einstündigen Schubert-Messe kombiniert wurde. Sucht man Beziehungen zwischen den Werken, findet man sie am ehesten in der unkonventionellen Art der Musik.
Wenn man Mozarts letzte Sinfonie in C-Dur, die Nr. 41 („Jupiter“), hört, begreift man: Der Salzburger ging hier an die Ausdrucksgrenze seiner Zeit. Wir hören hier die sinfonische Moderne des Jahres 1788.
Auch Schubert ging mit der Es-Dur-Messe einen unkonventionellen Weg und betrat musikalisch Neuland, was die Zeitgenossen irritierte und das Stück erstmal in Vergessenheit geraten ließ.
Bei der Wiedergabe in der bis auf den letzten Platz besetzten Kirche fiel die außergewöhnliche Dimension der Sätze Gloria und Credo auf, desgleichen die musikalische Sprache im Agnus Dei, ein Selbstzitat von Schubert aus seinem Lied „Der Doppelgänger“.
Auch der sinfonische Bläsereinsatz und dramatische Modulationen im ersten Satz („Christe eleison“) und der Beginn der Sanctus, Paukenwirbel und Posaunen und das kunstvoll komponierte „Amen“ im Credo sowie die monumentale Fuge im Gloria über die drei Worte „Cum sancto spiritu“ (Mit dem heiligen Geiste) ließen aufhorchen. Die sanften Streicherfiguren über der Stelle „Et incarnatus est“, wo erstmals Vokalsolisten auftreten - die beiden Tenöre und der Sopran -,wurden vom Orchester schön rekapituliert.
Das Credo ist eine Herausforderung für jeden Chor und man hörte einen Chorgesang, dem es nicht an innerer Spannung und Dynamik fehlte und der in den einzelnen Sätzen die Komplexität von Schuberts Kirchenmusik deutlich machte. Hier hat der seit einem Jahr amtierende Dirigent Joss Reinicke, der ruhig und bedacht dirigiert, ganze (Chor-)Arbeit geleistet.
Bei der Solistengarde gab es eine kurzfristige Umbesetzung in der Sopranpartie, die von Ramona Laxy übernommen wurde. Die Vokalsolisten stammten großteils aus dem Raum Freiburg. Der junge Tenor Jongyoung Kim harmonierte im „Et incarnatus est“ stimmlich sehr schön mit dem ersten Tenor Eduard Wagner und der Sopranistin.
Bariton Torsten Meyer, der Lehrer von Kim, und die Altistin Lucile Bailly-Gourévitch traten in den Vokalquartetten im Benedictus und Agnus Dei hinzu. Alle vier hinterließen den hervorragenden Eindruck eines gut abgestimmten und ausgeglichenen Solistenquartetts.
Neben der empfindsamen tiefen religiösen Versenkung des Chores in die Liturgie kamen entscheidende Impulse auch vom Barockorchester L’arpa festante (Konzertmeisterin: Christine Rox). Das Orchester, das auf historischen Instrumenten spielt und das man daher besser Originalklangorchester nennen sollte, schuf besondere Klangeindrücke beim Blech. Die beiden Trompeten und die drei Posaunen klangen mächtig und majestätisch.
Schon zuvor bei Mozart in der „Jupitersinfonie“ machte das traditionsreiche Münchner Ensemble für Alte Musik eine imposante „Figur“ durch eine prononciert artikulierte Spielweise aller Stimmen, die in dieser historisch informierten Richtung „mehr“ Mozart hörbar machte als sonst.