Beispiele?
Ein Merz, der sagt, die Deutschen kriegen keine Zahnarzttermine, weil die Migranten sie ihnen wegschnappen; oder ein Scholz, der sagt, wir werden jetzt in großem Stil abschieben. Wenn wir so pauschalisieren und so populistisch werden, passiert genau das, was die Rechten und auch die Islamisten wollen: dass unsere Grundsätze und Werte, auf die wir so stolz sein sollten, in die Mülltonne geworfen werden – und zwar auch von Demokraten. Das darf nicht sein.
Gerade in Deutschland gibt es erschreckende Umfragen zur Demokratie-Einstellung vor allem bei Jugendlichen. War auch das ein Auslöser für Ihr Projekt, in die Schulen zu gehen?
Genau. Es gab zwei Auslöser: Eine Lehrerin kam nach einer Aufführung zu mir und sagte: ’Meine Schüler müssen das Stück unbedingt sehen.’ Da ich in dieser Stadt nicht mehr auftrat, mietete sie für ihre Klasse einen Bus, um das zu ermöglichen. Das hat mich beeindruckt. Da überlegte ich mir: Okay, wenn ihr zu mir kommt, komme ich auch zu euch, in die Schule. Der andere zündende Moment war ein Artikel, in dem stand, dass 40 Prozent der deutschen Jugendlichen sagen: Demokratie ist nicht so wichtig, lass’ das doch mal einen starken Mann probieren.’ Wichtig ist mir bei den Schulbesuchen aber: Ich will die Schüler nicht überzeugen, dass sie damit unrecht haben, sondern ich will sie verstehen.
Eine Klasse des Lörracher HTG hat sich für das Projekt angemeldet. Wie funktioniert das?
Wer sich im Vorfeld anmeldet, bekommt ein pädagogisches Paket. Themen des Stücks werden vor dem Theaterbesuch im Unterricht durchgenommen. Die Jugendlichen sehen das Stück also sehr gut vorbereitet an. Dann komme ich zu ihnen in die Schule. Wir reden. Weniger über die Vergangenheit oder das Stück, sondern über heute und morgen, über Demokratie, über Europa. Es gibt da schon mal ein, zwei, die das alles scheiße finden, die die AfD gut finden und behaupten, dass die überhaupt nicht rechtsextremistisch sind. Dabei eröffnet sich dann stets eine sehr lebendige Diskussion. Ich sorge dafür, dass sich die Schüler gegenseitig zuhören, dass sie die Meinung des anderen verstehen oder, wenn nicht, nachhaken. Am Schluss sage ich ihnen dann: ’So, wir haben viel gesprochen, einige haben ihre Meinung geändert, einige sind dabeigeblieben. Wir haben uns alle zugehört und versucht zu verstehen. Und das alles hat einen Namen: Demokratie!‘