Kultur Stern am Klassikhimmel

Jürgen Scharf
Junge Klassiksterne: Die Cellistin Anastasia Kobekina und ihr Klavierpartner Jean-Sélime Abdelmoula Foto: Jürgen Scharf

Im Burghof mehren sich die Auftritte von herausragenden jungen Klassik-Sternen. Zuletzt Anastasia Kobekina.

Die 28-jährige russische Cellistin war ein Ereignis. Anastasia Kobekina hat einen perfekten, von technischer Mühe gänzlich freien Ton, spielt elegant-flexibel, aber auch mit der nötigen Verve und Power. Die drei sehr beachtenswerten Sonaten von Brahms, Debussy und Franck werden von dieser fantastischen Instrumentalistin souverän vorgeführt.

Cello ist geeignet für Romantik pur

Wie viele Cellisten greift auch Kobekina auf Bearbeitungen für ihr Instrument zurück. So hat man doch bei Robert Schumanns Fantasiestücken eher die Klarinette im Ohr, für die sie geschrieben wurden. Aber natürlich ist das Cello hier auch ein kantables, „singendes“ Instrument, geeignet für Romantik pur und diese tonpoetischen Meisterstücke - lyrisches Hineinversenken inklusive.

Gewichtiger ist Brahms’ zweite Cellosonate, die diese junge Virtuosa fulminant und mit sonorer Klanggebung aus ihrem wohlklingenden Instrument holt. Besonders im langsamen Satz lässt Kobekina ihr Cello herrlich aussingen; sie kann aber auch zupacken mit hart gezupften Pizzicati und lässt mit wild-gestischer Bogenführung aufhorchen. Das war sehr eindrucksvoll, gefühlsbetont und höchst ausgewogen zwischen Klavier und Cello.

Erklangen Schumann und Brahms mit gesteigerter Emphase, so war es bei Debussy eher die raffinierte Klanglichkeit. Mit großer Verve spielt Kobekina Debussys klangschöne Cellosonate mit äußerster Präzision und ausgeprägtem Klangsinn.

Es ist das Zusammenspiel, von dessen Homogenität bei Debussy alles abhängt. Und das Agieren mit ihrem Pianisten, dem Schweizer Jean-Sélim Abdelmoula, war von seltener Ausgewogenheit – ein Duo auf höchstem instrumentaltechnischem Niveau. Mit welcher Kraft und Bewegung und klanglicher Sensibilität diese Cellistin Debussys Sonate erfüllt, war faszinierend.

Mit fast geigerischer Leichtigkeit formt sie zum Schluss die schnellen Läufe in César Francks A-Dur-Violinsonate, dem bekanntestem Kammermusikbeitrag des Spätromantikers. Geschrieben für den Jahrhundertgeiger Eugène Ysaye, kommt der spezielle Romantizismus Francks auch in dieser konzertanten und vom Komponisten autorisierten Celloversion zum Tragen.

Stürmischer Applaus verlockt zur Zugabe

Hier hatte der Pianist als dienstbarer Geist in seiner klaren und auf Partnerschaft bedachten Diktion wie selbstverständlich wieder einen großen Anteil an der Sogkraft dieser Musik.

Als Dank für den stürmischen Applaus und die Bravorufe gab es noch eine wunderbar innigliche Zugabe, Debussys für Cellostimme bearbeitetes Kunstlied „Beau Soir“, mit einem ohrenfälligen Zitat aus der vorangegangenen Franck-Sonate als hörbar eingebauter Reminiszenz.

Eine hübsche Programmgestaltung also und ein Abend, bei dem man in diesem großteils angeeigneten Cellorepertoire die Geige nicht vermisste. Die rund 150 Zuhörer erlebten mit Kobekina einen „Rising Star“, wie er im Buche steht: einen aufstrebenden Stern am Klassikhimmel.

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