Kultur Vom Verschwinden

Die Oberbadische
Foto: Tom Bisig Foto: Die Oberbadische

Kunst: Bruce Nauman Retrospektive im Schaulager in Münchenstein

Münchenstein (ov/hau). Die Lörracher haben das Privileg, eine Arbeit des einflussreichen US-Künstlers Bruce Nauman ihr eigen zu nennen: Vor dem Burghof erhebt sich seit 1998 seine schwarze, nach oben ihn geöffnete Pyramide. Ein Eyecatcher. Nun zeigt das Schaulager in Münchenstein eine breit angelegte Retrospektive des Künstlers unter dem Titel „Dissappearing Acts“.

Mehrere Werke des US-Künstlers sind erstmals zu sehen, so auch eine vor der Ausstellung vor Ort entstandene Skulptur. „Leaping Foxes“, das neueste Werk des 76-jährigen Nauman, zeigt Hirsche, Karibus und Füchse in einer an eine Akrobatiknummer erinnernden Anordnung. Wie in einer auf den Kopf gestellten Pyramide hängen die Tierformen in einem Raum in der am Donnerstag im Beisein Naumans vorgestellten großen Schau.

1941 geboren, gilt Nauman als zentrale Figur der zeitgenössischen Kunst. Die Ausstellung umfasst Videoarbeiten, Zeichnungen, Druckgrafiken, Fotografien, Skulpturen, Neonarbeiten sowie raumgreifende Installationen. Diese Vielfalt wurde dem Allrounder manchmal zum Vorwurf gemacht: stilistische oder konzeptuelle Prinzipien fehlten. Ausstellungskuratorin Kathy Halbreich jedoch betont, dass durchaus logische Übereinstimmungen zu erkennen seien: der rote Faden sei die vielfältige Erscheinungsweise des Verschwindens. Darum auch der Ausstellungstitel „Dissappearing Acts“.

Neben Schlüsselwerken will die Schau auch weniger Bekanntes präsentieren. Als Weltpremiere wird die 3-D-Videoprojektion „Contrapposto Split“ sowie erstmals in Europa „Contrapposto Studies, i Through vii“ gezeigt.

Parallel zur Ausstellung in Kooperation mit dem MoMA in New York werden im Kunstmuseum Basel zwei raumfüllende installative Werke aus der Sammlung der Emanuel Hoffmann-Stiftung präsentiert. Die Stiftung, deren Bestände im Schaulager aufbewahrt werden, sammelt seit den 70er Jahren Werke Naumans. Ergänzt wird die Schau mit Leihgaben aus der ganzen Welt. Insgesamt sind rund 170 Werke aus allen Schaffensperioden zu sehen. Darin ergründet der Künstler Themen wie Sprache, Raum und Körperlichkeit und lotet Machtstrukturen und soziale Konventionen aus, fordert zudem die Sehgewohnheiten des Betrachters heraus.

Dazu die Kuratorin: „Das Verschwinden als Handlung, Konzept, Wahrnehmungstest, magischer Trick, Arbeitsmethode und Metapher war für Naumans Kunst stets ein nützliches Stichwort von bleibender Gültigkeit. Auch enge Verwandte des Verschwindens – das Abwesende, die Leere und damit einhergehenden Gefühle der Nichtexistenz, des Beraubt- oder Ausgeschlossen-Seins – treten in zahlreichen Formen auf. Sie werden beispielsweise in Leerstellen sichtbar, die der Größe von Körperteilen entsprechen, im Raum unter einem Stuhl, im Selbst, das gerade um eine Ecke entschwindet, in den nächtlichen Vorgängen im leeren Atelier oder in den geistigen Blockaden, welche die Fähigkeit zu kreativem Schaffen unterminieren. Das Verschwinden ist also ein reales Phänomen und zugleich eine wunderbar weit gefasste Metapher für den Kampf gegen die mit dem kreativen Prozess, aber auch mit unserer Orientierung im Alltagsleben verbundenen Ängste.

Nauman lässt die Dinge für vielfältige, oft widersprüchliche Auffassungen offen und stellt so die Bereitschaft des Publikums, die Sicherheit des Gewohnten aufzugeben, auf die Probe. Wenn wir uns durch seine Environments bewegen oder vor einer Zeichnung wie „Make Me Think Me“ stehen, beginnen wir uns unweigerlich zu fragen, was es eigentlich heißt, aufmerksam zu sein – in der Welt zu sein. Indem Naumans Kunst Konventionen in Frage stellt, zerstört sie jegliche Gewissheit und fordert uns auf, unsere eigenen Bedeutungen selbst zu erarbeiten, statt den gewohnten Regeln zu folgen. Genau an diesem Punkt, so lehrt uns sein Werk, beginnt die Freiheit.“   17. März bis 26. August

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