Dazu die Kuratorin: „Das Verschwinden als Handlung, Konzept, Wahrnehmungstest, magischer Trick, Arbeitsmethode und Metapher war für Naumans Kunst stets ein nützliches Stichwort von bleibender Gültigkeit. Auch enge Verwandte des Verschwindens – das Abwesende, die Leere und damit einhergehenden Gefühle der Nichtexistenz, des Beraubt- oder Ausgeschlossen-Seins – treten in zahlreichen Formen auf. Sie werden beispielsweise in Leerstellen sichtbar, die der Größe von Körperteilen entsprechen, im Raum unter einem Stuhl, im Selbst, das gerade um eine Ecke entschwindet, in den nächtlichen Vorgängen im leeren Atelier oder in den geistigen Blockaden, welche die Fähigkeit zu kreativem Schaffen unterminieren. Das Verschwinden ist also ein reales Phänomen und zugleich eine wunderbar weit gefasste Metapher für den Kampf gegen die mit dem kreativen Prozess, aber auch mit unserer Orientierung im Alltagsleben verbundenen Ängste.
Nauman lässt die Dinge für vielfältige, oft widersprüchliche Auffassungen offen und stellt so die Bereitschaft des Publikums, die Sicherheit des Gewohnten aufzugeben, auf die Probe. Wenn wir uns durch seine Environments bewegen oder vor einer Zeichnung wie „Make Me Think Me“ stehen, beginnen wir uns unweigerlich zu fragen, was es eigentlich heißt, aufmerksam zu sein – in der Welt zu sein. Indem Naumans Kunst Konventionen in Frage stellt, zerstört sie jegliche Gewissheit und fordert uns auf, unsere eigenen Bedeutungen selbst zu erarbeiten, statt den gewohnten Regeln zu folgen. Genau an diesem Punkt, so lehrt uns sein Werk, beginnt die Freiheit.“ 17. März bis 26. August