Kultur Weil wir unvollkommen sind

Die Oberbadische

Stimmen on tour: Becca Stevens und King Creosote

Von Dorothea Gebauer

Saint-Louis. Shakespeare hat es ihr angetan. Literatur generell. Die großen Fragen des Lebens. Als sie die tragische Story von Ophelia besingt, läuft es einen heiß und kalt den Rücken runter. Das kann sie: verdichten, erzählen, auf den Punkt bringen und fesseln.

Becca Stevens, die schöne, junge Jazz- und Folksängerin sowie Singer/Songwriterin aus Amerika umgibt sich nicht mit lockerem „Laissez-faire“-Künstlerstil, als falle einem alles einfach so zu. Ihr Auftritt zum Start von „Stimmen on tour“ am Sonntag in Saint-Louis sagt: Ich bin die Profifrau, habe eine klassische Ausbildung durchlaufen und betreibe meine Gesangeskunst mit Ernsthaftigkeit und Leidenschaft. Ihre Stimme ist warm und tief, sie zeigt Reife, Erfahrung und große Vielseitigkeit. Sie kann sich in glockenhelle Nuancen mühelos einfühlen und ist Jazzerin.

Überhaupt: Inmitten strahlender Professionalität, in allem Feinschliff und überragender Bühnenpräsenz kommen die Gefühle fokussiert und direkt herüber. Im überschaubaren Innenhof der Fondation Fernet Branca entwickeln sich Intimität und Nähe, weil Stevens gemeinsam mit ihrer Co-Musikerin immer wieder das Gespräch sucht. „Make some noise, if you...“ ist eine Einladung, die immer wieder fällt und für Stimmung sorgt. Die Aufmerksamkeit auf ihre Seite zu bringen, ist bei 30 Grad kein leichtes Spiel. Aber die beiden schaffen es. Freundlich, höflich, zugewandt. Bei einer Coverversion von Stevie Wonder’s „Always“ wird trotz Hitzegraden voller Sympathie mitgesungen. Während sie CDs verkauft, ergibt sich so manches Gespräch.

„The muse is quietly knocking at your door“ ist eine Textpassage aus einem Song, den sie gemeinsam mit David Crosby von der Lighthouse Band gedichtet hat. Das sehr geschmeidig-nachdenkliche Stück lädt dazu ein, seine Denke zu öffnen und glaubensvoll, „faithfully“, durch die Tage zu gehen und auf die Muse zu warten. Ob sie hart an ihren Texten arbeitet? Aber klar, sagt sie lachend. Das Paradoxe, das Brüchige darf sein. Aber auch das Gefällige. Ob sie vom Anliegen beseelt ist, über starke Frauen zu singen? Unbedingt – auch, weil sie sich ganz ungezwungen zum Feminismus bekennt. Kämpfen müsse sie nicht mehr. Es gelte, das Göttliche an der Frau wahrzunehmen und zu beschreiben.

Wundersam und sperrig dann der Auftritt des Schotten King Creosote. Er setzt auf Nähe zu seinem Publikum, scherzt, holt alles an französischer Sprache raus, was er hat.

„L’accordeon?“ scherzt er und versucht Nähe zur Musiksprache Frankreich herzustellen. Seine Stücke mit kehligem Gesang und Akkordeon sind breitflächige, epische Collagen, die Zuhören und Geduld erfordern. Er nimmt einen mit in die schottische Provinz, in das unruhige Jerusalem oder in Beziehungen, In denen die Liebe ausgegangen ist.

Stimmen-Chef Markus Muffler ist mit dem mittäglichen Konzertbesuch zufrieden. Zum dritten Mal in Folge findet der Auftakt im nahen Saint-Louis statt. Besucher aus Basel zeigen, dass es kein großer Aufwand war, in die Fondation zu kommen. Seit die Tram 3 nach St. Louis fahre, sei alles „ganz easy“.  Termine: heute, 20 Uhr, Babeuf in Freiburg; 12. Juli, 20 Uhr, Kulturhotel Guggenheim, Liestal; 13. Juli, 20 Uhr, Café Verkehrt, Murg; 15. Juli, 11 Uhr, Werkraum Schöpflin, Lörrach; 16. Juli, 20 Uhr, Rathaus Binzen, Innenhof; Eintritt frei

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