Pistorius will nicht der "Messias" sein
Die Debatte ist damit bereits eröffnet. Nach der Brandenburg-Wahl könnte sie anziehen, wenn Woidke verliert. Daran dürfte dann auch das Abwiegeln des Verteidigungsministers nichts mehr ändern. "Der Glaube, (…) einer könnte der Messias sein oder eine, den halte ich für einen Irrglauben", sagte Pistorius noch am Donnerstagabend bei einer Veranstaltung der "Zeit" in Hamburg. Über Szenarien für den Fall einer Niederlage Woidkes wollte er nicht spekulieren.
FDP und Grünen drohen weitere Wahlschlappen
Auch die anderen beiden Ampel-Parteien gehen in eine schwierige Wahl. Die Grünen müssen erneut um den Wiedereinzug in einen Landtag bangen: Umfragen sehen sie an der Fünf-Prozent-Grenze - bei der letzten Landtagswahl kamen sie noch auf ein zweistelliges Ergebnis. Die Fortsetzung der schwergängigen Ampel-Koalition wird aber bisher nicht infrage gestellt - auch wenn Parteichef Omid Nouripour jüngst mit den Begriffen "Übergangskoalition" und "Übergangslösung" sehr deutlich gemacht hat, welche Perspektiven er für das Zweckbündnis mit SPD und vor allem FDP sieht. Bis zur nächsten Bundestagswahl will man aber durchhalten.
Auch die FDP kann mit Umfragewerten von vier Prozent auf Bundesebene eigentlich kaum ein Interesse an Neuwahlen haben. Der Unmut über die Ampel ist bei den Liberalen aber besonders groß. Nach den Wahlen in Thüringen und Sachsen, wo sie nur noch auf 1,1 und 0,9 Prozent kam, war es nicht nur der übliche Verdächtige Wolfgang Kubicki, stellvertretender Parteivorsitzender, der eine Fortsetzung des Bündnisses offen infrage stellte. Auch andere Bundestagsabgeordnete wie die nicht gerade als Krawallmacherin bekannte Vize-Fraktionschefin Gyde Jensen stimmten ein.
Linder spricht vom "Herbst der Entscheidungen"
Fest steht schon jetzt, dass jede einzelne Ampel-Partei sich nach der Brandenburg-Wahl noch stärker auf sich selbst besinnen wird. Selbst die SPD, die sich lange Zeit in der Moderatorenrolle zwischen Grünen und FDP sah, will diese nun ganz ablegen. Am Sonntagabend um 18.00 Uhr beginnt der Bundestagswahlkampf so richtig. Inhaltliche Kompromisse werden dann noch schwieriger, als sie ohnehin schon sind.
Und Konfliktthemen gibt es in der Ampel von der Migrationspolitik über den Haushalt und die Wachstumsinitiative bis zu Rente und Tariftreuegesetz wahrlich genug - und damit vielleicht doch noch potenzielle Bruchstellen für die Koalition. FDP-Parteichef Christian Lindner spricht von einem "Herbst der Entscheidungen" - und kokettiert mit einem vorzeitigen Ende der Ampel. Manchmal bedeute Mut, trotz Kontroversen in einer Koalition zu bleiben, sagte er der "Rheinischen Post". "Manchmal bedeutet Mut aber auch, ins Risiko zu gehen, um neue politische Dynamik zu schaffen."
Für Merz beginnt die Bewährungszeit
Die Union kann vergleichsweise entspannt in die Brandenburg-Wahl gehen. CDU-Chef Friedrich Merz hat Fakten geschaffen - und mit dem CSU-Vorsitzenden Markus Söder wenige Tage vor dem Wahltag die seit langem im Raum schwebende K-Frage geklärt. Merz macht's. Die getrennte Zustimmung der Unionsgremien am Tag nach der Brandenburg-Wahl ist nur noch Formsache. Doch direkt danach beginnt die Zeit der Bewährungsprobe. Hält der Burgfrieden zwischen Merz und Söder? Zweifel sind angebracht.
Dass CDU-Spitzenkandidat Jan Redmann in Brandenburg kaum Chancen hat, Ministerpräsident zu werden, gilt intern als eingepreist. Selbst wenn die Landespartei hinter dem Bündnis Sahra Wagenknecht auf Platz vier landen würde, werde das den frisch gekürten Kanzlerkandidaten Merz kaum beschädigen, glauben sie in der CDU. Dann könnten eher noch die schwierigen Regierungsbildungen in Sachsen und Thüringen für Turbulenzen sorgen und Merz ins Schlingern bringen.
Nur Hamburg wählt noch vor der Bundestagswahl
Der Blick auf die Bundestagswahl ist nach Brandenburg übrigens ziemlich unverstellt. Bis zum 28. September 2025 gibt es nur noch eine Landtagswahl, und die findet in Scholz' Heimatstadt statt: Am 2. März wählt Hamburg eine neue Bürgerschaft. Die bundespolitische Bedeutung wird in Berlin aber gering eingeschätzt. In der Hansestadt gelten eigene Gesetze, heißt es.