Lesung im Haltinger „Hirschen“ Einblicke in die Welt Basels und des Theaters

Susanna Wipf Fischer
Thomas Blubacher verstand es, seine Zuhörer in den Bann zu ziehen. Foto: Susanna Wipf Fischer

In den Genuss einer ganz besonderen Lesung des Basler Regisseurs und Autors Thomas Blubacher kamen zahlreiche Besucher am Donnerstagabend.

„Ausgespielt“ heißt Thomas Blubachers erster Krimi. Der erfolgreiche Basler Sachbuchautor, Regisseur und Theaterwissenschaftler präsentierte ihn im stimmungsvollen Gewölbekeller des Haltinger „Hirschen“. Es wurde ein außerordentlicher Abend.

Nachdem die letzten Essen des kulinarischen ersten Teils serviert und verspeist worden waren, stellte sich Blubacher mit wenigen Worten vor und erzählte, wie es zu seinem ersten Krimi kam. Dieser spielt im Jahr 1938 in Münchenstein, im Tonfilmatelier Frobenius, welches damals tatsächlich existierte. Es sei, so erzählt Blubacher mit einem Schmunzeln, sozusagen ein Auftrag des Verlags gewesen, und obwohl er kein Krimikenner sei, habe er sich mit Freuden an diese Aufgabe gemacht.

Das Recherchieren liegt dem Autor im Blut

Dass dem bekannten Sachbuchautor das Recherchieren im Blut liegt, ist eine Tatsache. Es ist schlichtweg bewundernswert, mit welcher Gründlichkeit er an das Herumstöbern in alten Akten, Schriften und Aufzeichnungen ging.

Das allein macht den Krimi aber noch nicht zu dem, was er ist. Die Handlung selbst ist einfach erzählt: Im besagten Atelier liegt der Schauspieler Robert Alberti tot auf dem Boden. Seine Kollegin Hilde Ehinger stach anstatt mit dem üblichen Requisitenmesser mit einem ausgetauschten richtigen Messer auf ihn ein. Die Studenten und Statisten Max und Simon verlassen nach diesem schrecklichen Vorfall fluchtartig das Studiogelände. Simon als schwuler Jude und Exilant darf auf keinen Fall ins Visier der Polizei geraten. Bei beiden handelt es sich übrigens um Personen, welche auch in den Folgeromanen eine Rolle spielen.

Sprachwitz und Brillanz des Vortrags

In der Lesung erfuhr nicht wesentlich mehr von der Handlung, und es ist auch gar nicht so wichtig, wie die Geschichte ausgeht.

Denn die ganze Faszination dieses Krimis liegt in der Komposition dieses einmaligen Werkes. Es sind die Details, die Beschreibungen der Figuren, die humoristischen Ausschmückungen, die bekannten Straßennamen Basels, der berüchtigte Basler „Daig“, der Sprachwitz und die Brillanz des Vortrags, welche die Zuhörer in ihren Bann ziehen.

Gipfel und Abgründe des Theaters

Da schreibt ein Autor, welcher diese Welt des Theaters in ihrer ganzen Höhe und Breite erfasst hat. Er sieht in die tiefsten Abgründe einer gekränkten Theaterdiva, lässt diese aber nicht in ihrem Schicksal verkommen und sich lächerlich machen, sondern gibt ihr eine Seele, eine Identität. Er versteht es, über seine Heimatstadt und deren Chauvinismus zu spotten, ohne herablassend zu sein. Er porträtiert einen eitlen, alternden Starschauspieler nicht einfach lächerlich oder verachtend, sondern verleiht ihm bei allem köstlichen Spott doch eine Art von Würde. Er ist Voyeur, sieht die Schönheit der jungen Künstlerin, ohne frivol zu werden. Hier ist ein Künstler, ein Poet mit Herz, ein Komponist von Worten am Werk.

Es lässt sich lachen und schmunzel und ... weinen

„Ich schreibe auf, was die Figuren in meinem Kopf sagen“, sagt Blubacher, und bringt es fertig, einen Krimi auch ohne die ewige Frage „Wer war der Mörder?“ spannend zu gestalten. Man spürt Lust, diesen Krimi unbedingt fertig zu lesen und die nachfolgenden zwei gleich mit dazu – nicht weil man begierig auf die Auflösung wäre, sondern weil man einfach dieses Gesamtwerk in all seinen Schattierungen genießen möchte. Dabei lässt es sich trefflich lachen und schmunzeln, und vielleicht etwas weinen über die Tragik dieser sogenannten Bretter, welche die Welt bedeuten.

Vergnüglicher Leseabend ist garantiert

Wenn in der ersten Szene die junge Schauspielern Hilde Ehinger mit dem gut aussehenden, betuchten Studenten Max über die Heiligholzstraße fährt und dann begeistert ausruft, „Oh, das ist ja sozusagen die Holywoodstreet von Basel!“, weiß man schon, dass einem dieser Krimi einen vergnüglichen Leseabend bereiten wird. Schade nur, dass er nicht in ganzer Länge als Vortrag des äußerst begabten Sprechers Blubacher genossen werden kann!

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