Lörrach Abend im Zeichen Wertschätzung

Peter Ade
„Tag des Handwerks made in Lörrach“ mit (v.l.) Rainer Liebenow (Sparkasse Lörrach-Rheinfelden), Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen, Kreishandwerksmeister Martin Ranz und Marco Kückmann (Volksbank Dreiländerek) Foto: Peter Ade

Wirtschaft: „Tag des Handwerks made in Lörrach“ mit 500 Gästen / Vortrag von Bernd Raffelhüschen

Es war ein Abend ganz im Zeichen der Wertschätzung: Der 22. „Tag des Handwerks made in Lörrach“ führte am Donnerstag im Burghof annähernd 500 Repräsentanten fast aller in der Region vertretenen Berufsgruppen sowie Lehrkräfte, Behördenvertreter und Banker zusammen.

Von Peter Ade

Kreis Lörrach. Im Fokus stand ein Vortrag des Freiburger Finanzwissenschaftlers Professor Bernd Raffelhüschen, der die Entwicklung der Staatsgelder kritisch unter die Lupe nahm und nicht verhehlte, dass die Altersentwicklung in Deutschland problematisch und mitverantwortlich sei für den Fachkräftemangel im Handwerk. Dringlichste Probleme seien nicht Corona, der Ukraine-Krieg oder die Energiewirtschaft. „Es ist vielmehr das, wovon wir schon immer wussten und uns dennoch davor gedrückt haben, die Konsequenzen zu ziehen – die demographische Entwicklung.“ Wir lebten im ältesten Deutschland, das es je gegeben habe.

Raffelhüschen schilderte ein Szenario, bei dem zwei Drittel der geburtenstarken Jahrgänge sowohl an Demenz erkranken als auch zu Pflegefällen werden. Schonungslos wandte er sich direkt an sein Publikum: „Sie haben keine Probleme, Sie sind das Problem“.

Raffelhüschen ist für das Verursacherprinzip: Diejenigen, die nicht für Nachwuchs beim Generationenvertrag gesorgt hätten, sollten zahlen.

Die „Schuldenuhr“ des Staates sei deutlich erkennbar an den Schuldentiteln: 29 000 Euro pro Kopf in Deutschland oder 72,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Die unsichtbaren Schulden hingegen seien alle Ansprüche an den Staat aus Pensionen und Renten-, Kranken- und Pflegeversicherungen. Sie jedoch tauchten nirgendwo in den Büchern auf. Mit anderen Worten: Die Schulden, die man sehe, seien schon hoch – viel höher jedoch seien die Schulden, die die Menschen nicht wahrnehmen wollten.

Da die Staatsschulden den Steuerzahlern „gehören“, werde an dieser Stelle die Generationenbilanz sichtbar. Wörtlich: „Es handelt sich um Belastungen, die die heutige der künftigen Steuerzahlergeneration überlässt. Und die sind noch dramatischer, als sie jetzt schon erscheinen.“

Handwerk als „Wirtschaftsmacht von nebenan“

„Jeder, der hier sitzt, lebt vier Jahre länger als der, der ihn gemacht hat.“ Die vermeintliche Alters„pyramide“ habe heute bereits die Form eines Pilzes und könnte künftig noch ausladender werden – und die Schuldenbelastung für die künftige Arbeitsbevölkerung noch untragbarer.

Der humorvolle Vortrag regte das Publikum trotz bitterer Wahrheiten oft zum Lachen an. Am Ende wurde heftig Beifall gespendet.

Der Lörracher Oberbürgermeister Jörg Lutz würdigte in seinem Grußwort die „tollen Handwerker der Region“. Die Stadt sei deren Partner und in gewissem Sinn auch Leidensgenosse, denn sie suche ebenfalls händeringend nach Fachkräften.

Als gelebte Unterstützung des Handwerks wertet Lutz unter anderem die Ausweisung des Gebiets Brombach-Ost als Standort für Gewerbebetriebe. Die Stadt werde alles tun, um den Anforderungen des Mittelstands gerecht zu werden.

Kreishandwerksmeister Martin Ranz freute sich über das Wohlwollen, das dem „Tag des Handwerks made in Lörrach“ seit über zwei Jahrzehnten entgegengebracht werde. Die Sparkasse Lörrach-Rheinfelden, die Volksbank Dreiländereck und weitere Sponsoren dokumentierten konstruktive Verbundenheit.

„Wir arbeiten mit Eifer an der Rekrutierung von Fachkräften“, unterstrich Ranz mit Blick auf das gemeinsam mit dem Landkreis als Träger der Gewerblichen Schulen in die Wege geleitete Qualifizierungs-Management und die von der Kreishandwerkerschaft anberaumte Berufspräsentation für junge Menschen im September.

Der Staat sei auf das Handwerk als „Wirtschaftsmacht von nebenan“ mehr denn je angewiesen, betonte Ranz. „Der Klimawandel ist nur mit uns zu stemmen“, etwa bei der Modernisierung von Gebäuden, die aktuell 40 Prozent des Energieverbrauchs ausmachten. Um alle Herausforderungen optimal bewältigen zu können, brauche es aber auch die staatliche Einsicht, Bürokratie abzubauen und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen.

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