Lörrach Alte Musik unerhört jung

Jürgen Scharf
Mit Zoë Brookshaw sang eine junge Queen of Ancient Music bei „Stimmen“, begleitet von der Lautenistin Elizabeth Kenny. Foto: Jürgen Scharf

Stimmen-Festival: Exzellent besetztes Konzert in der Tüllinger St. Ottilienkirche

Von Jürgen Scharf

Lörrach. Eine beeindruckende Stimme! Wie die britische Sopranistin Zoë Brookshaw Henry Purcell singt, das muss man gehört haben. Zusammen mit der Lautenistin Elizabeth Kenny kam die Sängerin am Sonntag zum zweiten und letzten Konzert – für dieses Jahr zumindest – an den idyllisch gelegenen Aussichtsort, die Tüllinger St. Ottilienkirche: ein Sommerabend mit einem ganz speziellen englischen Alte-Musik-Programm.

Wer hätte das gedacht: Henry Purcell war schon ein großer Liedkomponist, bevor es wirklich Lieder gab. Und wie diese auf Barockgesang spezialisierte Sängerin Purcells Ausdrucksreichtum auslebt, war bewundernswert.

Zoë Brookshaw, im glitzernden Pailletten-Jumpsuit, singt alles auswendig und lebt in dieser Musik. Ihr perfektes gesangstechnisches Niveau ist beeindruckend. Zum einen hat sie eine wunderschöne Stimme und ihre ungekünstelte und sprechende Phrasierung verstärkt noch die Freude an Purcells Musik mit ihrer theatralischen Wirkung.

Meister der gesungenen englischen Sprache

Aber nicht nur bei diesen dramatischen Liedern wie „The blessed Virgin’s expostulation“ oder dem nicht minder emotionalen „Lord, what is man?“ singt Brook–shaw äußerst expressiv und zeigt damit, dass Purcell ein Meister der gesungenen englischen Sprache ist. Das war eine Huldigung an den „Orpheus Britannicus“, die unweigerlich in Bann schlug und die überragende Bedeutung Purcells in dieser Gattung des frühen Liedes vorführte.

Die aus Nottingham stammende Sängerin verfügt ebenso über einen betörenden Sologesang für die introvertierteren Lieder eines John Dowland. Sie lotet die Stimmungen aus, gestaltet die Details und ihre klare, lineare Stimme liiert sich ideal mit dem Duktus von Dowlands Melodie.

Fast unnötig zu sagen, dass die Sopranistin ungemein koloratursicher ist (wie in dem herrlichen anonymen Strophenlied „The Willow Song“) und stimmlich eine große Wendigkeit für die Verzierungen besitzt.

Diese englische „Ancient Music“ wird von Brookshaw mit anspringender Lebendigkeit, strahlendem, hellem, kraftvollem Timbre und einer makellosen Stimmführung vorgetragen. Da stimmte einfach alles!

Mit einer renommierten Spezialistin

Die Programmauswahl ging zeitlich zurück bis zum Vollender der goldenen Lauten-Ära in England, Robert Johnson, der als Shakespeares Lautenist gilt und einige Jahre für Shakespeares Company Theatermusik komponiert hat.

Mit Elizabeth Kenny begleitete eine renommierte Spezialistin für Lautenmusik. Die Lauten-Solowerke klingen bei ihr sehr idiomatisch und intensiv vom Ausdruck her, schließlich ist ja auch die Bewegung der historischen Aufführungspraxis maßgeblich von England ausgegangen. Und sie spielte sogar noch einige Lautenstücke mehr, als im Programm ausgedruckt waren.

Kennys Interpretationen einer Chaconne oder einer Passacaglia von Kapsberger sind zupackend, höchst virtuos, vital und vollgriffig. Da kann man sich für dieses zarte alte Instrument erwärmen.

Dieser zweite Abend in St. Ottilien mit Laute und Stimme war mit diesen beiden im Bereich Renaissance und Frühbarock erfahrenen Interpretinnen exzellent besetzt, die Begeisterung groß, der Applaus stark. Das war kein Wunder, denn hier erklang Alte Musik unerhört jung!

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