Lörrach Angekommen im Leben

Die Oberbadische
Der 21-jährige Simon Linke ist von Deutschland nach Costa Rica gereist, wo er ein Jahr lang tatkräftig in der Regenwaldhilfe mit anpacken will. Foto: zVg / Simon Linke Foto: Die Oberbadische

Serie „weltwärts“: Simon Linke berichtet über sein Freiwilligenjahr in Costa Rica / Mangobaum gepflanzt

Ein Jahr Costa Rica – diese Reise hat der 21-jährige Simon Linke auf sich genommen. Das Abitur gerade in der Tasche, ist er über das Programm „weltwärts“ in die Ferne gegangen, um vor Ort Baumpatenschaften zu vermitteln. Im Spunk-Magazin schreibt er in loser Folge über seine Eindrücke.

Willkommen in Costa Rica. Eine sanfte warme Brise weht mir in das müde Gesicht, nach einer langen Flugreise setzte ich meinen Fuß auf costaricanischen Boden. Ich freue mich, endlich angekommen zu sein. In der Ferne sehe ich die Lichter der Stadt San Jose funkeln. Mein Abenteuer beginnt mit einer Busreise durch die warme Nacht zu meiner Unterkunft in San Jose. Nach 20 Minuten habe ich den richtigen Bus gefunden.

Ich habe direkt einen „Tico“, wie die Einwohner von Costa Rica umgangssprachlich genannt werden, gefunden, der auf mich einredet. Nur eine vage Adresse wurde mir als Orientierung gegeben, da in Costa Rica keine genauen Adressen vorhanden sind.

Meine Adresse lautet: das Haus Matute Gomez 200 Meter im Osten, auf der linke Seite, ein grünes Haus... klingt nach einem Abenteuer. In San Jose nehme ich ein typisches rotes Taxi. Ein chinesisches Restaurant ist meine erste Anlaufstelle, ich Frage den jungen „Tico“ nach einer Internetverbindung, um meine Mitfreiwillige Julia zu kontaktieren. Müde falle ich nach der Ankunft ins Bett.

Am nächsten Tag wird mein Schlaf von lautem Berufsverkehr gestört. Um 7 Uhr geht es los, ich begleite Julia zu einem Agroforstprojekt in einem Armenviertel der Stadt. Morgens bin ich munter, das Jetlag macht sich erst gegen Mittag bemerkbar.

Ich bin überrascht, ein grünes Paradies inmitten der Stadt, ein kleines Plätzchen grünen Frieden und nebenan die aus Wellblech zusammengezimmerte Hütte der lokalen „Ticos“. Die Menschen leben hier in Armut, dunkle Zimmer und kein fließendes Wasser.

Mein erster Eindruck: Ich erschrecke. Es wirkt surreal und steht im Kontrast zu der sonst modernen und touristischen Stadt San Jose. Die Sonne scheint bereits erbarmungslos auf das Meer aus Blechhütten, die Truppen von Arbeitern eines Chemiekonzerns sind heute hier, um ihre Arbeitskraft für einen guten Zweck einzusetzen.

Rasentrimmer und eine Menge Werbung machen die Veranstaltung zu einer optimalen und runden Sache. Meine Gedanken kreisen, ich schwimme anfangs mit dem Strom, fotografiere und filme die Menschen beim Helfen. Sie beruhigen gleichzeitig ihr Gewissen und tun Gutes. Und doch wirkt es seltsam wenn sie nach vier Stunden mit ihren nagelneuen Autos davonfahren.

Das Projekt an sich ist atemberaubend. Am Rand der Stadt versuchen Menschen mit wenigen Mitteln die Natur zurückzugewinnen, etwas zu bewegen.

Ich bin begeistert, endlich anpacken und etwas bewegen zu können, ich bin für einen Moment ein Teil von ihnen. Ich pflanze meinen ersten Baum, es ist ein Mangobaum, und bin erstaunt über das Projekt.

Krasse Gegensätze prallen aufeinander, Arm und Reich, Naturschutz und dennoch ein vergifteter Fluss. Wenige Stunden nachdem das Projekt beendet ist, schütten die Helfer die Farbreste in den Fluss. Für mich als junger Deutscher nicht zu begreifen, geradezu unverständlich. Eine Erklärung, warum dies so ist, scheint ebenso schwierig wie die Beseitigung des Mülls.

Doch generell fehlt einfach das Verständnis für dieses aus unserer Sicht gravierende Problem. Es ist ein gewisser Luxus, den wir Mitteleuropäer genießen, uns über diese Probleme Gedanken zu machen. Plastik überall, an jeder Straßenecke ein erschreckendes Bild neben der Schönheit der Natur in Costa Rica.

Manche wollen und andere können es nicht verändern, denn wenn ihr Kind zuhause krank im Bett liegt, gibt es andere Prioritäten als die Natur nebenan zu schützen.

Ich sehe das Land mit anderen Augen und lerne es auch auf eine gewisse Art und Weise anders kennen, als die normalen Touristen. Ich spüre das pulsierende Leben jeden Tag – die Musik und die Leichtigkeit des Lebens in den Gassen und im Herzen der Menschen.

„Pura Vita“ ist der Begriff für „einfach Leben“, das bunte Leben, die Leichtigkeit und die „ich komme morgen“-Mentalität“. Unglaubliche Hilfsbereitschaft der Menschen, und dennoch eine Ahnungslosigkeit, und sie zeigen in jede Himmelsrichtung, wenn ich nach dem Weg frage.

Meine Zeit hier in San José ist geprägt von Arbeit im Garten meiner Gastmutter, Orangen pflücken, Toilette reparieren, und der Ungewissheit welches Projekt ich für ein Jahr (er)leben werden. Das ist auch „Pura Vita“.

Die Zeit vergeht hier anders als in meinem alten Alltag, eine Erklärung könnte sein, dass die Nacht schlagartig hereinbricht und es bereits um 18 Uhr dunkle Nacht ist. Der Morgen hingegen beginnt bereits um 5.30 Uhr.

Land und Leute werde ich noch intensiver kennenlernen und die nächste Zeit mit spanisch lernen verbringen.

Ab der nächsten Woche befinde ich mich in einem Dorf von Indianern, einige Tage, Wochen oder für immer? Ich freue mich bereits darauf, den Lesern des Spunk-Magazins von meinen weiteren Eindrücken in diesem fremden und weit von der Heimat entfernten Land zu berichten.

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading