Lörrach Anwohner fühlen sich übergangen

Marco Fraune
 Foto: Kristoff Meller

Ausschuss: Politik für Umbenennung des Carl-Keller-Wegs / Anlieger: Einfach ignoriert

Die von der Verwaltung vorgeschlagene Umbenennung des Carl-Keller-Wegs in „Sonnenweg“ ist im Ausschuss für Umwelt und Technik auf breite Zustimmung gestoßen. Gleichzeitig äußerte die Politik Verständnis für betroffene Anwohner, auf die viel administrativer Aufwand zukommen würde.

Von Marco Fraune

Lörrach. Die Stellungnahme einer betroffenen Anwohnerin führte Politik und Verwaltung vor Augen, dass die Straßenumbenennung beim überwiegenden Teil der Anlieger nicht auf Zustimmung stößt.

Das sagen die Anlieger

Den Verwaltungsvorschlag werteten Betroffene sogar so, dass die Meinung der Hauseigentümer „einfach ignoriert“ werde. „Über 80 Prozent sind dagegen. Von Anfang an hatte ich den Eindruck, dass alles schon beschlossen ist“, erklärte eine Anwohnerin. Die Verwaltung hatte auch in der Beschlussvorlage geschrieben, dass eine Mehrheit der Eigentümer die Umbenennung ablehnt und stattdessen eine ergänzende Beschilderung im Straßenraum befürwortet. Dies war bei zwei offenen Arbeitsgesprächen mit Eigentümern, Anwohner und interessierten Gemeinderäten deutlich geworden.

Im Ausschuss empfahlen Grüne, SPD und Matthias Koesler aber eine Umbenennung, aufgrund weiteren Beratungsbedarfs in den Fraktionen enthielten sich CDU, Freie Wähler und Wolfgang Koch. Der Hauptausschuss berät nächste Woche erneut, abschließend entscheidet der Gemeinderat.

Die Befürworter

In den Fraktionsstellungnahmen bezeichnete Gerd Wernthaler die Umbenennung als „unumgänglich“, da eine Straßenbenennung eine Ehrung einer Person sei. Beim organisatorischen Aufwand für die Anwohner solle die Stadt unterstützend entlasten. „Die Umbenennung gebietet die Achtung vor den Opfern der Zwangssterilisation“, unterstrich auch Christa Rufer (SPD). „Wenig glücklich“ sei sie über die Nähe der Straßen „Sonnenweg“ und „Sonnenrain“, da dies für Verwirrung sorge. Der Aufwand für die Bürger sei aber vertretbar. SPD-Fraktionschef Hubert Bernnat unterstrich die Notwendigkeit der Umbenennung, da mit den begangenen und persönlich zuzuordnenden Verbrechen eine rote Linie überschritten worden sei. „Keller hat sich aus niedrigen Motiven an der Zwangssterilisation beteiligt.“

„Eine Umbenennung ist unumgänglich“, meinte auch Matthias Koesler, der sich aber einen politischeren Namen als „Sonnenweg“ gewünscht hätte.

Noch mit Enthaltung

Pit Höfler (CDU) machte zwar klar, dass Carl Keller kein Straßenschild verdient. Doch nach Gesprächen mit Anwohnern führte sie auch den immensen Aufwand für die Betroffenen bei einer Umbenennung ins Feld. „Erinnerungskultur ist auch Negatives“, kann sie sich eine Beibehaltung des Namens mit einem Zusatzschild vorstellen. Ähnlich positionierte sich Matthias Lindemer (Freie Wähler). Die Verbrechen von Keller seien belegt und schrecklich. Schwierigkeiten und Mühe habe er in Zeiten von Verwaltungs-Personalmangel mit einer Umbenennung, da dies viel Arbeit mit sich bringe.

Kritik wird zurückgewiesen

Als nicht notwendig sieht Fachbereichsleiter Lars Frick an, nun alle Lörracher Straßennamen detailliert zu prüfen, wie von Rufer vorgeschlagen. Ein erster Überblick habe keine Verdachtsfälle zu Tage gefördert.

Den Vorwurf, dass schon jetzt alles beschlossen sei, wies Frick zudem zurück. Die Verwaltung habe eine Position, aber die Entscheidung treffe noch der Gemeinderat.

Einigkeit bei Verwaltung und Politik herrschte nicht nur hinsichtlich der Unterstützung der Anlieger bei dem administrativen Aufwand. Auch soll dem Wunsch der Anwohner Rechnung getragen werden, die Straße nicht in „Annemarie-Schier-Weg“ umzubenennen, stattdessen also eine kürzere Bezeichnung zu wählen. Der Kinderärztin, die sich gegen die NS-Herrschaft stellte, soll bei einer neuen Straße gedacht werden.

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