Lörrach Apfel mit Schweizer Fähnchen

Die Oberbadische
Michael Quast, ganz Tell Foto: Jürgen Scharf Foto: Die Oberbadische

Schilller-Persiflage mit Michael Quast und Philipp Mosetter

Von Jürgen Scharf Lörrach. Was von Tell bleibt: ein geschälter Apfel, in Schnitze geschnitten und ans Publikum verteilt. Recht amüsant, was da Michael Quast und sein Kompagnon Philipp Mosetter mit unserem literarischen Säulenheiligen Friedrich Schiller anstellen. Man muss gar nicht mehr in stundenlange und vom Regietheater verquer inszenierte Aufführungen von Schiller-Dramen gehen – hier kriegt man Schiller quasi in einem Schnelldurchgang serviert: den ganzen Schiller von den „Räubern“ bis zum „Wilhelm Tell“.

Der gesamte Schiller, vollständig, bis auf die Auslassungen natürlich, aber mit den dramaturgisch wichtigen Schillerschen Pausen. Quast und Mosetter nehmen sich gern die Klassiker zur Brust. Nach Goethes „Faust“ nun Schiller. Im Burghof-Foyer spielt Michael Quast vor einem „ausgewählten Auditorium“ (Mosetter) den Durchlauferhitzer „Tell“. Immer wieder will er zum berühmten Apfelschuss kommen, wird aber von Mosetter ausgebremst. Erst die „Räuber“! Schiller von vorne. Immer der Reihe nach!

Zwei Leselampen stehen auf dem Podium der kleinen Bühne, aber Quast braucht noch separate Spots für seine mimisch und gestisch ausladenden Verkörperungen des „Tell“-Personals. Das einzige „Bühnenbild“ ist der Apfel mit dem Schweizer Fähnchen. Der Kabarettist und Schauspieler hat sich mit dem Autor Mosetter zusammengetan zu dieser Schiller-Persiflage „Verrat Verrat“, bei der der Apfel mindestens eine so große Rolle spielt wie Schillers Krankheiten. Und Quast mimt nicht nur die Personen im „Tell“, sondern alle Krankheiten Schillers gleich mit. Zupass kommt ihm da der skurrile zeitgenössische Obduktionsbericht. In Schillers Körper lief wohl mehr als nur eine Laus über die Leber.

Quast macht seine Schiller-Performance mit kabarettistischen Pointen, während Mosetter die Figuren und die Handlung als Dramaturg und Regisseur analysiert; die beiden sind wie die Dualität bei Schiller: hier theoretisch, dort praktisch. Dass es nicht auf ein abgehobenes Schiller-Symposion hinausläuft, da ist Quast vor. Aber alles läuft auf Tell hinaus. Der Sprachwerker macht Geräusche, brummt die Rossini-Ouvertüre, imitiert Trompete, Alphorn, Dialekte und Schweizer Kühe, verbeißt sich regelrecht in Schiller (und ins gelbe Reclam-Heft).

Wären da nicht die ständigen Einwürfe Mosetters, der mehr als nur eine „personifizierte Fußnote“ in diesem Schiller-Digest ist. Er kommentiert, unterbricht, gibt Regieanweisungen („das ist eine entscheidende Stelle, bitte noch mal!“), und Quast, das Bühnentier, muht, jodelt, hustet, keucht, kotzt, macht den ganzen Schiller als Ein-Mann-Theater unter seiner gelehrten Mitwirkung

„Endlich Tell!“ Das ist das Stichwort für den wild grimassierenden Komiker und seinen Gessler-Auftritt („Durch diese hohle Gasse“, wer kennt das nicht). Schillers dramaturgisches Geschick im „Tell“ kommt ihm zugute. Mit Heldenkühnheit hetzt Quast vom Seelisberg (Leiter) durch die Stromschnellen (Stuhlreihen) des Vierwaldstättersees (Publikum) zum Rütli (Bühne). Ein parodistischer Schiller-Abend zwischen Ernsthaftigkeit und Komik, an der Schwelle vom Erhabenen zum Lächerlichen.

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