Lörrach Armut, Streiks und Wohnungsnot

Regine Ounas-Kräusel
Einblick in die Probe des Vokalensembles der Musikschule Lörrach. Foto: Regine Ounas-Kräusel

Zeitenwende: Vokalensemble der Musikschule probt szenisches Konzert. Premiere am Freitag.

Lörrach - „Zeitenwende“ heißt das aktuelle Projekt des Vokalensembles der Musikschule Lörrach. Zu den politischen und kulturellen Umbrüchen in Lörrach nach dem Ersten Weltkrieg hat die Gruppe ein szenisches Konzert erarbeitet, das am Freitag, 2. November, Premiere am neuen Standort der Musikschule in der Luisenstraße feiert und diesen damit einweiht.

Deutschland wird Republik

Kostümprobe am Sonntagabend: Von zwei Seiten strömen die 18 Sängerinnen und Sänger in zeittypischen Kleidern auf die Bühne. Eine Frau in Rock und hochgeschlossener Bluse tippt die diktierte Schlagzeile in eine Schreibmaschine: „Oberbadisches Volksblatt vom 11. November 1918: Umwälzung in Deutschland – Kaiser hat sich entschlossen, den Thron zu verlassen.“ Deutschland wird Republik. Zunächst übernehmen Arbeiter- und Soldatenräte die Macht – auch in Lörrach.

Die Leiterin des Vokalensembles, Susanne Hagen, die Musikschullehrerin Ursula Müller-Riether und Theaterpädagoge Tim Krause haben das Konzert über die Zeitenwende auf die Beine gestellt. Angeregt hatte sie dazu Museumsleiter Markus Moehring, da im Dreiländermuseum derzeit die große Sonderausstellung „Zeitenwende“ über die Ereignisse im Dreiländereck nach 1918 zu sehen ist.

Recherchen im Stadtarchiv

Ursula Müller-Riether recherchierte daraufhin im Stadtarchiv, welche Umbrüche Lörrach zwischen dem Kriegsende im November 1918 und der Reichtagswahl im September 1930 erlebte. Die NSDAP wurde damals als zweitstärkste Kraft in den Reichstag gewählt – das Ende der Weimarer Republik rückte näher.

Auf der Bühne lesen die Frauen und Männer des Ensembles abwechselnd aus den gefundenen Schriftstücken vor. Von Wohnungsnot und extremer Armut nach dem Krieg ist da die Rede, von Streiks der Textilarbeiter und Kundgebungen gegen die „Schmach“ des Versailler Friedensvertrags.

Lebensgefühl wird mit zeitgenössischen Liedern und Chansons lebendig

Das Lebensgefühl von damals macht das Vokalensemble mit zeitgenössischen Liedern und Chansons lebendig. Viele Lieder von Berthold Brecht und Hanns Eisler sind dabei mit ihren illusionslosen Texten und dem unglamourösen, fast rauen Klang – zum Beispiel ein Lied gegen den Krieg. Vaterlandsliebe ist zu spüren beim strahlenden Lied „Deutschland hoch in Ehren“.

Die Lust, sich jenseits aller Konventionen zu amüsieren, klingt dagegen im Song „Fräulein, bitte woll’n sie Shimmy mit mir tanzen“ an. Doch auch ein schöner, mehrstimmiger Satz aus dem Paulus von Mendelssohn erklingt. Das Oratorium wurde im Jahr 1920 im neu erbauten Theatersaal der Stadt aufgeführt.

Bei der Kostümprobe begleiteten Susanne Hagen und Grischka Brand das Vokalensemble auf Flügel und Schlagzeug. Bei den Konzerten wird zudem Andreas Wäldele mit Violine und Mandoline mitwirken.

Weitere Informationen: Konzert „Zeitenwende“: 2., 3., und 4. November jeweils 20 Uhr. Eintritt: 14 Euro, ermäßigt 9 Euro. Karten gibt es unter www.reservix.de und an den bekannten Vorverkaufsstellen wie den Geschäftsstellen unserer Zeitung

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