Lörrach Auf dem Weg zum Profiorchester

Jürgen Scharf
Die Harfenistin Yvonne Deusch hat die Tänze von Debussy verinnerlicht, die sie mit dem Oberrheinischen Sinfonieorchester Lörrach aufführt. Foto: Jürgen Scharf

Nach dem glanzvollen ersten von zwei Adventskonzerten in der Stadthalle Wehr darf man auf den Auftritt des Oberrheinischen Sinfonieorchester Lörrach am Sonntag im Burghof gespannt sein.

Von einer Glanzleistung des Oberrheinischen Sinfonieorchesters Lörrach ist zu reden – und die dürfte sich auch beim Konzert am Sonntag im Burghof einstellen: Das Programm des Adventskonzerts ist höchst stimmungsvoll und erfuhr beim „Vorkonzert“ in der Wehrer Stadthalle eine inspirierende Interpretation, was die Welt der französischen Spätromantik und des Impressionismus betrifft.

Ein rein französisches Repertoire ist angesagt mit Debussy, Fauré und Bizet. Es sind Inkunabeln der französischen Musik darunter wie das „Prélude à l’aprês-midi d’un faune“ oder Bizets frühe C-Dur-Sinfonie, ein genialer „Wurf“.

Französisches Repertoire

Hörbar wächst der vor 70 Jahren als Orchester Oberrheinische Musikfreunde gegründete Klangkörper mit seinem im dritten Jahr amtierenden Chefdirigenten Siping Wang über sich hinaus. Da erlebt man einen Debussy in seiner ganzen orchestralen Spannweite, mit wunderbaren Orchesterfarben, vielen Klangdetails und einer Transparenz des Orchestersatzes, die schon vom ersten Flötenton an aufhorchen lässt. Debussys „Prélude“ ist hier in einer farbigen, intensiven Interpretation zu hören, glasklar, ohne Schleier, sinnlich.

Überhaupt die Flöte! Bei Debussy ist die Flöte ein metaphorisches Instrument; nach der antiken Mythologie steht sie für etwas Lockendes, Sehnsüchtiges, und das Flötensolo im anfänglichen Kernthema enthält schon das ganze Stück über diesen „Nachmittag eines Fauns“. Hier achtet man besonders auf die Soloflöte (Lailah Roos), auf diese augenblickhafte Sinnesempfindung, dieses Spiel der Harmonie und Melodie. Schon dies nimmt das Publikum gleich für sich ein, zumal Siping Wang für eine harmonische Beleuchtung dieses Klanggemäldes sorgt.

Der in Freiburg lebende chinesische Musiker kann bei Debussy sein Klangbewusstsein ebenso einbringen wie sein Gefühl für rhythmische Polyphonie und Dynamik. Der Zuhörer kann sich bei diesem Stück entspannt zurücklehnen, verzückt lauschen, denn es bedarf nicht vieler Worte, eine Anspielung reicht, ein schöner Klangfarbenfleck, ein nuancierter Farbakkord, ein gelungener Flötenlauf, um Empfindungen zu wecken.

Spiel mit Harmonien

Es ist wie in der Malerei eines Claude Monet: dort die Lichteffekte auf dem Seerosenteich oder auf den Kathedralen, hier die Klangeffekte, die Düfte und Farben der Natur und das Fluidum des Eros.

Es ist diese Subtilität, die dann auch in Faurés Orchestersuite „Pelléas et Mélisande“ die Ohren öffnet. Hier wieder das Spiel mit den Harmonien und die prominent eingesetzte Soloflöte. Siping Wang sorgt in dieser Suite für ein weiches Dahinströmen. Unsentimental und mild erscheinen die vier Sätze bis hin zum Tod der Mélisande, frei schwebend in der Melodie der Sicilienne. Überall werden instrumentale Einzelfarben und Kombinationen hörbar, ist die Dynamik farbenreich, sind die Tempi gut gewählt, ist die Musik sinnlich erfahrbar.

Man sieht dem Dirigenten auch gerne bei seiner Leitung des Orchesters zu, er lebt tief in der Musik, stellt sie dar, ja, verkörpert sie sogar in seinen exakten Gesten: ein Ausdrucksmusiker, ein Dynamiker, der ein Optimum an stilistischer Einfühlung hervorbringt. Das Orchester folgt ihm mit größter Klangkultur, auch in den beiden filigranen Debussy-Tänzen, in denen Yvonne Deusch, die ihr wunderbares Instrument mit natürlicher Selbstverständlichkeit beherrscht, sich als Harfensolistin schön mit dem Orchesterklang verbindet. Die erfahrene Harfenistin aus Maulburg spielt ihr Instrument rhythmisch federnd, mit Schwung und Dynamik, tonlich in klanglicher Staffelung, und so kann sie die beiden Werke aus der Hoch-Zeit der französischen Harfenliteratur gefühlvoll (Danse sacrée) und virtuos (Danse profane) vorführen.

Zum Abschluss

Auch der Abschluss des Programms ist glänzend gelungen. Das Lörracher Orchester spielt die Bizet-Sinfonie ausgezeichnet, mit viel Sinn für die Eleganz und leicht anmutende Melodieführung. Und doch wird sie nicht als oberflächlich oder nur unterhaltsam verkannt, sondern mit ihren Anklängen an Mendelssohn und Schubert wertvoll behandelt.

Kurzum: Das ganze Programm zeigt die „Oberrheinischen“ klanglich und künstlerisch auf dem Weg zu einem wahren Profiorchester!

Termin: Adventskonzert 1. Dezember, 17 Uhr, Burghof

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