Lörrach Auf dem Weg zur Weltspitze

Die Oberbadische
Marc Lachat (links) und der applaudierende Dirigent Erik Nielsen Foto: Willi Vogl Foto: Die Oberbadische

Konzert: Sinfonieorchester Basel mit Strauss und Massenet im Burghof Oboist Marc Lacha begeistert

Von Willi Vogl

Lörrach. „Die Darstellung von Vorgängen, die in das Gebiet der Sexualpathologie gehören, eignen sich nicht für unsere Hofbühne.“ So wurde Richard Strauss‘ Oper Salome 1905 von der Wiener Staatsoper abgelehnt. Die Uraufführung fand dann noch im selben Jahr vor einem begeisterten Publikum statt. Noch viele Jahre lang danach gab es konträre Haltungen bezüglich des Sujets und der dissonanzfreudigen Klangsprache von Strauss. Heute, 113 Jahre später, wirkt Strauss‘ musikdramatische Konzeption als stimmiges Kunstwerk.

Das Sinfonieorchester Basel unter dem US-Amerikanischen Dirigenten Erik Nielsen präsentierte im Burghof Konzertsuiten aus Salome und dem Rosenkavalier, dazu das Konzert für Oboe sowie eine Suite von Jules Massenet.

Bereits vom ersten Takt an in Salomes Tanz war klar, welche hochkarätigen Interpretationen man von diesem Orchester erwarten durfte. Punktgenaue Schlagzeugrhythmen, laszive Soli der Oboe, Flöte und Viola, schwebende Ausdrucksgesten der Streicher und bestens koordinierte Motivik in Kontrafagott, Tuba und Kontrabässen spiegelten plastisch Salomes tänzerische Wollust.

Im Gegensatz zur kleingliedrigen hochdramatischen Disposition von Salome setzt Strauss bei seinem Konzert für Oboe und kleines Orchester D-Dur eher auf heitere Momente. Der Solopart dieses anspruchsvollen Standardwerks erfordert eine äußerst differenzierte klassische Artikulationskunst. Bei den ausladenden Kantilenen ist zudem eine Zirkularatmung von Vorteil.

Mark Lachat ist seit 2013 Solooboist des Sinfonieorchesters Basel. Er wurde nicht nur den technischen Anforderungen souverän gerecht, sondern verzauberte überdies mit allzeit selbstverständlichem klanglichem Charme. Zu bewundern waren im modulationsreichen Allegro moderato zauberhafte Kantilenen, kommentiert von neckischen Artikulationen, formvollendete Phrasierungen in einem von klassischen Satzmustern grundierten Andante oder expressive Unmittelbarkeit im motivisch kontrastreichen und dichten Vivace Allegro. Der 31-jährige Marc Lachat zeigte sich mit seinen Belcanto-Qualitäten auf dem Weg zur Weltspitze seiner Zunft.

Anders als die motivisch und harmonisch dichte Musik von Strauss wirkte Jules Massenets Suite aus „Hérodiade“ vordergründig durch vielerlei Klangfarbenschattierungen. Das musikalische Drama nach einer Novelle von Gustave Flaubert wurde bereits 1878 komponiert. Das Sinfonieorchester Basel inszenierte die großflächige Reihung von Massenets hübschen melodischen und klanglichen Einfällen in feinster Güte. So konnte das Publikum etwa geheimnisvollem arabischem Kolorit lauschen oder war von der präzise kalkulierten Wucht im Finale hingerissen.

Wie kaum in einer anderen Musik Richard Strauss‘ sind gerade im Rosenkavalier die vielfältigen Klangblumen spätsommerlicher Romantik zu bewundern. Auch seine Orchestersuite stellt eine berauschende Verdichtung von hitzewallenden Stimmungen, ironisch wirkender Lieblichkeit, tonal erweiterten Gewitterentladungen, silbern schillernden Mixturklängen, Wagner’scher Verheißungsharmonik und nostalgischen Walzergesten dar. Die Vielfalt seiner melodischen, rhythmischen und klanglichen Einfälle wird durch einen mystischen aber gleichwohl allzeit wirksamen harmonischen Plan zusammengehalten.

Das Orchester brauchte hier nichts zu inszenieren. Es folgte lediglich den Anweisungen der äußerst genau bezeichneten Partitur, die sich im Schlagbild des Dirigenten Erik Nielsen deutlich und mit animierender Freundlichkeit widerspiegelte. Das Orchester war mit der Musik eins. Heraus kam ein klangliches Faszinosum, das nicht nur die Fans von Richard Strauss gefesselt haben dürfte. Langer Applaus.

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