Lörrach Aus anonymen Opfern sollen Nachbarn werden

Regine Ounas-Kräusel
Markus Hofmann Foto: zVg Foto: Die Oberbadische

Informationsabend der Initiative „Stolpersteine“. Israelitische Kultusgemeinde unterstützt Projekt.

Lörrach - Markus Hofmann will in Lörrach mit so genannten „Stolpersteinen“ die Erinnerung an Menschen, die im Nationalsozialismus verfolgt oder ermordet wurden, wach halten. Aus anonymen Opfern sollen Nachbarn werden, sagt er. Beim Informationsabend der Initiative „Stolpersteine“ interessierten sich mehr als 30 Menschen aus Politik, Schulen, Religionsgemeinschaften und der Bevölkerung für dieses Projekt.

Der Künstler Gunter Demnig hat seit 1992 in Deutschland und 23 europäischen Ländern rund 70 000 Stolpersteine verlegt. Auf den kleinen Gedenktafeln, die meist vor dem letzten Wohnhaus der Menschen im Gehweg verlegt werden, stehen Name, Geburtsgag und etwa das Datum der Deportation.

Markus Hofmann macht sich aus persönlichen Gründen für die Stolpersteine stark. Sein Vater habe als kleiner Junge die Deportation einer jüdischen Familie mitangesehen, erzählte er. Da immer mehr Zeitzeugen sterben, will er außerdem die Erinnerung an die jüdische und andere Opfer des Nationalsozialismus wach halten.

„Es soll ein Gesprächsprojekt werden“, sagte er beim Infoabend. So will er die Schicksale der Menschen auf einer Internetseite dokumentieren, für die in Lörrach Stolpersteine verlegt werden. Dabei will er auch Jugendliche einbeziehen. Daher hat er erste Kontakte zu Schulen, Kirchengemeinden, zu politischen Verbänden wie den Jusos geknüpft, die einen Stolperstein finanzieren wollen. Finanziert werden die Gedenksteine über private Spenden. Ein Stein kostet 120 Euro.

Rabbiner Moshe Flomenmann berichtete, dass die israelitische Kultusgemeinde Lörrach die „Stolpersteine“ unterstützt: „Wir freuen uns, dass Herr Hofmann die Initiative ergriffen hat.“ Bei einer Versammlung im Dezember habe die große Mehrheit der Mitglieder dafür gestimmt, sagte er. Dass die Gemeinde die Stolpersteine vor Jahren noch abgelehnt habe, habe mit der Haltung einzelner Personen zusammen gehangen.

Markus Moehring, Leiter des Dreiländermuseums, sagte seine Unterstützung zu, obwohl er persönlich die Stolpersteine skeptisch sehe: Er habe darauf hingewiesen, dass mache jüdische Menschen sich daran störten, wenn Passanten auf die Namen auf den Steinen treten. Außerdem wollte Moehring die Erinnerungskultur in Lörrach nicht von Gunter Demnig abhängig machen, der die Rechte am Projekt „Stolpersteine“ halte.

Stadtrat Hubert Bernnat war zuversichtlich, dass das Projekt „Stolpersteine“ gut mit dem Erinnerungskonzept, das die Stadt gerade erarbeitet, zusammenpasst. In diesem Konzept seien auch ein Rundgang zum Nationalsozialismus und zum jüdischen Leben in Lörrach vorgesehen. Bernnat wünschte sich einen breiten Konsens aller: „Es geht um Versöhnung.“

In der lebhaften Diskussion zeigten sich Stadträte und Vertreter von CDU, SPD, Grünen und Freien Wählern sowie Vertreter von Kirchen und Bürger interessiert an diesem Projekt. Ein Mann, dessen Großmutter als Zeugin Jehovas im Nationalsozialismus im Gefängnis saß, bezeichnete es als seine Herzenssache.

Hofmann wünschte sich, dass der Gemeinderat möglichst schnell grünes Licht gibt. Er bedauerte Signale von Oberbürgermeister Jörg Lutz, dass die Entscheidung womöglich erst nach der Kommunalwahl im Mai falle.

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