Lörrach Bei den Spenden gibt’s noch Luft nach oben

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Interview: Ute Lusche über Projekte und Perspektiven der Bürgerstiftung / Benefiz-Gala im Burghof am Samstag

Lörrach. Lörrachs Bürgerstiftung ist auf vielen Feldern aktiv. Morgen Abend lädt sie zu ihrer Benefiz-Gala, die sich zu einem Höhepunkt des gesellschaftlichen Lebens in der großen Kreisstadt entwickelt hat. Im Vorfeld der Veranstaltung sprach Bernhard Konrad mit Ute Lusche, Vorsitzende  der Bürgerstiftung.

Frau Dr. Lusche, die Bürgerstiftung möchte angesichts niedriger Zinsen ihr Vermögen künftig verstärkt in Immobilien anlegen.  Geplant ist etwa der Erwerb des Kamelion-Domizils auf dem Campus – vorbehaltlich einer Prüfung der Bausubstanz. Wie ist der Stand der Dinge?
Mein Stellvertreter bei der Bürgerstiftung, Frank Hovenbitzer, hat sich als Architekt die Immobilie genau angeschaut. Wir denken, soweit ist alles ok. Bevor wir aber den Kaufvertrag unterschreiben, müssen wir noch die Einschränkungen aufgrund einer Baulast prüfen, und wir suchen noch eine Lösung für die Heizungssituation. Hier mussten wir zuerst mit der Stadt einige Fragen klären. Das hat gedauert. Im Oktober soll zudem ein Treffen mit Vertretern des Kamelion, der Schulen und der Stadtverwaltung stattfinden, in dem die Nutzer ihre Bedürfnisse äußern sollen. Wir wollen in der Angelegenheit gerne weiterkommen, denn wir müssen ja zum einen die Investitionskosten ermitteln, aber auch den Mietzins, den die Stadt zu leisten hätte, damit das Projekt die Kosten für die Bürgerstiftung trägt.

Die Stiftung hat ihre Bereitschaft erklärt, mit den Mitteln des von ihr verwalteten Museumsfonds ein neues Sammlungsdepot für das Dreiländermuseum zu errichten. Zuletzt äußerte die Bürgerstiftung ihre Enttäuschung darüber, dass die Verwaltung hierfür noch keine Grundstücksofferte unterbreitet hat. Wünschen Sie sich mehr Unterstützung von der Stadt?
Sagen wir es so: Die Entscheidungsprozesse bei der Stadt liefen bisweilen etwas schneller. Mein Eindruck ist, dass dies auch an den begrenzten personellen Ressourcen liegt. Bei machen Fragen habe ich hierfür natürlich auch Verständnis, aber wir von der Bürgerstiftung investieren unsere Zeit ehrenamtlich, da ist es mitunter natürlich nicht befriedigend, wenn im Ergebnis unser Aufwand sogar steigt, weil bei der Stadt bestimmte Prozesse nicht so schnell vonstatten gehen, wie es vielleicht sein könnte.

Unterdessen ist und bleibt die Sprachförderung eine zentrale Aufgabe der Bürgerstiftung. Wie hat sie sich entwickelt?
Dass die Sprach-Kitas vom Bund gefördert werden, kommt einem Quantensprung gleich. Jede Einrichtung, die gefördert wird, bekommt eine halbe Stelle finanziert. Die Stiftung verfügt zudem über eine in wesentlichen Teilen vom Bund finanzierte halbe Stelle für die Fachberatung, die unter anderem die Koordination der Sprachförderkräfte in den Einrichtungen übernimmt, Personal schult, bei Rückfragen informiert und den Austausch zwischen den Einrichtungen organisiert. Hier leistet Michaela Kern sehr gute Arbeit und das nicht nur für die vom Bund geförderten Sprach-Kitas sondern – finanziert mit unseren eigenen Mitteln – für alle interessierten Kindergärten. Dass wir das in dieser Weise weiterführen können, ist toll.

Was sind die zentralen Inhalte der Sprach-Kitas?

Sprach-Kitas sind eine Fortentwicklung des Bundesprogramms „Frühe Chancen“. Anfangs stand die Sicherstellung des frühen Spracherwerbs der unter Dreijährigen im Zentrum. Bei den Sprach-Kitas liegt der Schwerpunkt eher bei der Integration von fremdsprachigen Kindern mit Migrationshintergrund. Den vom Bund geförderten Kindergärten steht die eben genannte Halbtagsstelle ausschließlich für die Sprachförderung zur Verfügung. Dabei geht es auch darum, das Erzieherinnen-Team einzubinden und fortzubilden. Diese Prozesse werden von Michaela Kern in vielfältiger Weise unterstützt, bis hin zur Antragsstellung für Finanzmittel. Es handelt sich oft um Aufgaben, für die im normalen Kindergartenbetrieb keine Kapazitäten vorhanden wären.

Wie hat sich die Akzeptanz in der Elternschaft der Kinder mit Migrationshintergrund entwickelt?
Dadurch, dass die Sprachförderkräfte des Bundesprogramms fester Bestandteil der Einrichtung sind, nehmen nach meinem Eindruck viele Eltern die Offerte einfach als zusätzliche sinnvolle Leistung wahr. Schön ist es, dass wir manche Eltern dafür gewinnen können, sich aktiv in solche Prozesse einzubringen, um ihren Kindern das Ankommen zu erleichtern. Mit dem Engagement dieser Eltern wird es wiederum einfacher, andere Väter und Mütter anzusprechen. Denn: Es geht auch um die Bewusstseinsbildung von Eltern, dass es nicht damit getan ist, Kinder in die Einrichtung zu bringen und wieder abzuholen, sondern dass Integration durch ihren eigenen Beitrag noch besser gelingen kann. Dabei ist natürlich auch die Situation der Eltern oft nicht einfach – vor allem dann, wenn sie selbst die Sprache noch nicht richtig beherrschen. Auch in solchen Fällen ist Michaela Kern eine wunderbare Brückenbauerin. Das sind Prozesse, die Kontinuität benötigen – das geht nicht von heute auf morgen, aber es ist wichtig, dass dieses Bemühen beibehalten wird.

Überschneidungen gibt es mit dem Engagement der Schubert-Durand-Stiftung. Diese hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Ausbildung und Weiterbildung von Mädchen und Frauen aus dem muslimischen Kulturkreis zu fördern – unabhängig von Nationalitäts- und Religionszugehörigkeit.
Die Arbeit der Schubert-Durand-Stiftung ist wichtiger denn je. Wir tauschen uns eng aus, insbesondere weil beim Thema Sprachförderung viele Überschneidungen vorliegen – bis hin zu den Förderanträgen. Gudrun Schubert und ihre Stiftung sind natürlich noch stärker in muslimische Kreise vernetzt. Sie nimmt über die reine Sprachförderung hinaus viele Aspekte der gesellschaftlichen Entwicklung und der Integration wahr.

Generationenübergreifend wirken der Bewegungsparcours im Grütt und in der Neumatt. Wie kommen diese Angebote an?
Soweit ich weiß, werden die Geräte in der Neumatt gut angenommen. Vom Grüttpark weiß ich, dass sie sehr stark frequentiert werden. Es ist mir wichtig, dass die Stiftung auch Angebote hat, die alle Bürger der Stadt wahrnehmen können.

Wie viel Geld kann die Bürgerstiftung für ihre Projekte derzeit jährlich in die Hand nehmen? Und wie hoch ist das Stiftungsvermögen mittlerweile?
Das Stiftungsvermögen beträgt rund eine Million Euro, darin enthalten sind rund 500 000 Euro des Museumsfonds und unser Immobilienvermögen in Stetten (das Alte Rathaus, d. Red.), bei dem der Verkehrswert sicher höher als der Buchwert ist. Mit den Zinserträgen kommen wir nicht weit, deshalb müssen wir unsere Ertragssituation verbessern. Hierfür würde ich mir offen gestanden auch deutlich mehr Dauerspender oder Stifter wünschen. Mit unseren jetzigen finanziellen Möglichkeiten können wir nicht all das realisieren, was gut für die Stadt wäre.

Die Bürgerstiftung hat sich als wichtiges Element der Lörracher Stadtgesellschaft etabliert. Gleichzeitig hält sich die Spendenbereitschaft in Grenzen?
Das ist leider so. Ich habe gelegentlich den Eindruck, dass viele Leute eine völlig falsche Vorstellung von unseren finanziellen Möglichkeiten haben. Wir haben über 50 000 Euro Personalkosten, in erster Linie für die Sprachförderung, dazu kommen erhebliche Sachkosten, etwa  für Materialsammlungen für Kindergärten, wir veranstalten jährlich unsere Tombola für Kinder „Mit Los geht´s los“, jetzt finanzieren wir einen Trinkbrunnen für die Öffentlichkeit im Hebelpark, der Bewegungsparcours „Grenzenlos fit“ musste bezahlt werden, daneben unterstützen wir unter anderem die Kinderbuchmesse. Im vergangenen Jahr haben wir einen leichten Verlust erwirtschaftet.

Das Mäzenatentum ist in Deutschland nicht so ausgeprägt wie in der Schweiz oder in den USA. Geld wäre aber durchaus vorhanden.
Wir hatten immerhin das Glück, dass wir zwei Erbschaften bekommen haben – eine über 200 000 Euro, eine über rund 85 000 Euro. Dieses Geld können wir aber nur langfristig anlegen. Wir wollen es ins Kamelion investieren. Auch sonst können wir ja nur mit den Erträgen des Stiftungsvermögens wirtschaften, nicht mit dem Vermögen selbst.

Flüssige Mittel haben wir einschließlich des Betrages aus dem Bundesprogramm von 32000 Euro um die 80 000 Euro pro Jahr zur Verfügung. Das bedeutet sehr zeitaufwendige Arbeit beim projektbezogenen Einwerben von Spenden.  Wir benötigen deshalb beispielsweise jedes Jahr auf’s Neue dringend die Erträge aus der Benefiz-Gala – in der Regel rund 17 000 Euro. Stifter wird man erst ab einem Betrag ab 1000 Euro. Das ist für viele Bürger – aber auch nicht für alle – eine ganze Stange Geld. Wir sind allerdings auch sehr dankbar für Spenden, insbesondere für Dauerspenden. Diese tun vielen nicht ganz so weh und würden uns aktuell viel helfen.

Welche Rolle spielt die sehr gut besuchte Benefiz-Gala mittlerweile für die Bürgerstiftung und die Stadt Lörrach?
Für uns ist das eine schöne, festliche Gelegenheit, um die Bürgerstiftung zu präsentieren. Wir profitieren natürlich vom positiven Image des Abends, der für uns auch wirtschaftlich von Bedeutung ist. Was mich besonders freut, ist, dass die Wirte so verlässlich dabei sind. Das Essen nimmt an diesem Anlass den wichtigsten Raum ein. Sowohl die Wirte als auch die Musiker zeigen hier sehr viel Engagement.
So eine Gala zu organisieren, ist für uns von der Stiftung immer wieder auf’s Neue mit einer Menge Aufwand verbunden. Aber wenn uns die neue Liste der Menüs ausgehändigt wird, dann ist das in jedem Jahr immer wieder einer der schönsten Momente vor der Gala.

Es gibt aber zu meinem Bedauern immer noch Bürger, die meinen, hier feiere ein elitärer Kreis unter sich. Der Gala-Abend ist aber eine offene Veranstaltung, für die alle Interessenten Karten im Burghof kaufen können. Wir wollen keine geschlossene Gesellschaft sein und freuen uns über neue Gesichter – wir sind offen für alle Bürger.

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