Lörrach Bewegende Spurensuche

(hau)
Fotografie von der Deportation Lörracher Juden. Foto: Stadtarchiv

NS-Zeit:  Gebürtige Lörracherin forscht nach ihrer Familie. Großtante auf Foto identifiziert.

Lörrach - 2017 kam Ronia Beecher, geborene Reutlinger, mit ihren Töchtern Judi und Andrea auf Spurensuche ihrer Familiengeschichte erstmals wieder nach Lörrach. Hier forschte die gebürtige Lörracherin nach ihrer Familiengeschichte im regen Austausch mit dem Stadtarchiv.

Letzteres müht sich seit langem, die Geschichte der Nachkommen von Opfern aus der NS-Zeit aufzuarbeiten. Und man hofft auch künftig auf Erkenntnisgewinn. Die bisherigen Ergebnisse der Recherchen des Stadtarchivs sind im Folgenden nachzulesen.

Ronia Beecher wurde von Oberbürgermeister Jörg Lutz im Sommer 2017 im Rathaus begrüßt. Im Stadtarchiv fanden sie und ihre Töchter Fotografien von Familienangehörigen. Beecher wurde am 16. Dezember 1936 in Lörrach als Tochter des damaligen Kantors der Israelitischen Gemeinde geboren und verbrachte hier ihre früheste Kindheit. Nach den Ausschreitungen ortsansässiger Nationalsozialisten in der Lörracher Synagoge in der Teichstraße am 10. November 1938 wurden noch am Abend des gleichen Tages alle jüdischen Männer zu ihrem angeblichen Schutz, in Wirklichkeit aber zur Erhöhung des Drucks, Deutschland für immer zu verlassen, in das Konzentrationslager Dachau gebracht. Nach der Entlassung ihres Vaters aus Dachau zog die Familie nach Freiburg, da er in Lörrach vor dem Scherbenhaufen der einstigen Synagogengemeinde stand.

Vor der Deportation nach Auschwitz gerettet

Zusammen mit ihrer Familie wurde Ronia Beecher am 22. Oktober 1940 von Freiburg nach Gurs deportiert und im März 1941 in das Lager Rivesaltes verlegt. Mit Hilfe von Mitarbeitern von Hilfsorganisationen konnte sie außerhalb des Lagers Zuflucht finden. Helfer retteten Ronia vor der drohenden Deportation nach Auschwitz in die Schweiz. Dort wurde sie mit ihren Eltern zusammengeführt, die bereits zuvor auf anderem Wege in die Schweiz gelangt waren. Nach dem Krieg wanderte die Familie in die USA aus.

Im Verlauf ihres Europabesuchs begann die Suche nach den Spuren ihrer Familie in Ronias Geburtsort Lörrach. Im Mittelpunkt stand die Suche nach wichtigen Orten ihrer Kindheit und ihrer Familie. Schon bei diesem Besuch wurden sie und ihre Töchter auf die Existenz von Fotografien im Lörracher Stadtarchiv aufmerksam. Diese zeigen die Deportation der Lörracher Juden und die sich daran anschließenden Versteigerungen des zwangsweise zurückgelassenen Hausrats. Im November 2018 besuchten Ronia Beecher und ihre Töchter Lörrach erneut, um die Fotografien im Archiv in Augenschein zu nehmen. Bei der Betrachtung der Bilder konnte Ronia Beecher ihre Großtante, die Schwester ihrer Großmutter, Babette Rieser, geborene Beck, identifizieren. Vor ihrer Deportation aus Lörrach wohnte Babette Rieser in der Teichstraße 29 im zweiten Stock des Hauses zusammen mit ihrer Schwester Emma Heilbrunner, geborene Beck. Babette Rieser hat überlebt und zog nach dem Krieg zu ihrer Tochter nach Straßburg.

Nur wenige identifiziert

Bislang konnten nur wenige Personen auf den Bildern identifiziert werden – unter den Gestapo- und Polizeibeamten noch niemand. Auch wenn es sich zunächst um eine Entdeckung mit familiengeschichtlichem Bezug handelt, reicht deren Bedeutung doch weit über den privaten Rahmen hinaus, schreibt das Stadtarchiv. Nun wird eine Verbindung zwischen einem Namen auf der Gedenkstele in der Teichstraße und dem Schicksal eines Lörracher Opfers der Gursdeportation hergestellt.

Beide Bilderserien sind seit 2011 publiziert worden. Leider fand die Identifikation von Babette Rieser nicht mehr Eingang in die kürzlich erschienene Neuauflage „Vor aller Augen. Die Deportation der Juden und die Versteigerung ihres Eigentums. Fotografien aus Lörrach 1940“ von Andreas Nachama und Klaus Hesse. Das Buch ist im Buchhandel erhältlich.

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