Von Markus Greiß Lörrach. „Eigentlich sollte der dieser Tag Weltfriedenstag heißen“, schloss Oberbürgermeister Jörg Lutz seine Ansprache zum Volkstrauertag, der gestern in einer bewegenden Feierstunde auf dem Lörracher Hauptfriedhof begangen wurde. Denn das Gedenken an die Opfer von Kämpfen, Terror und Willkür in den zwei Weltkriegen sei die eine Seite dieses Feiertags. Die andere Seite sei der aktive Einsatz für den Frieden im Hier und Jetzt. Lutz erinnerte in diesem Zusammenhang an die Flüchtlinge, die auf der Flucht vor Krieg und Gewalt aktuell auch in Lörrach Schutz suchen. Er sprach direkt die Jugendlichen der Bishops High School aus Chester und der Lörracher Freien Evangelischen Schule (FES) sowie des Kinder- und Jugendchors Lörrach an, die die Gedenkfeier in der Abdankungshalle gestalteten. Wenn man in der aktuellen Weltkriegsausstellung im Dreiländermuseum das Tagebuch einer 17-Jährigen Lörracherin aus dem Jahr 1914 lese, sei der Kriegsschrecken nicht mehr weit weg, sondern ganz greifbar. Ergreifend trug Jane Allen aus Chester Lawrence Binyons vertontes Gedicht „For the Fallen“ vor. Mit zarter und gleichzeitig kraftvoller Stimme besang sie auf Englisch die Gefallenen, die „nie alt werden, ungleich uns, die wir geblieben sind“. Schauspieler der FES und der Bishops High School führten vor, wie sehr sich beim Ausbruch des 1. Weltkriegs die Propaganda in der deutschen und englischen Presse glich, wie Lehrer beider Länder ihre Schüler zum freiwilligen Kriegsdienst aufriefen, und wie auf beiden Seiten sinnlos gestorben wurde. Sie verharrten aber nicht beim Leid der Schützengräben, sondern schlugen den Bogen weiter: zur ersten deutsch-englischen Städtepartnerschaft nach dem 2. Weltkrieg zwischen Coventry und Dresden, zur Geburtsstunde der Europäischen Union im Jahr 1957, zum Jahr 1984, als sich Francois Mitterand und Helmut Kohl über den Gräbern von Verdun die Hand hielten. Bis hin zum gestrigen Volkstrauertag, an dem in Lörrach Engländer und Deutsche gemeinsam den Volkstrauertag begingen. Viele Akteure trugen dazu bei, dass dieser im Englischen „Remembrance Day“ genannte Tag ergreifend wurde: Hanspeter Troendle mit Orgelmusik, der Kinder- und Jugendchor mit drei englischsprachigen Liedern, verschiedene FES-Schüler mit Solobeiträgen und vier Trompeter der städtischen Musikschule, die am Ehrenmal das „Lied vom guten Kameraden“ spielten. Dass in Lörrach Jugendliche zweier früher verfeindeter Länder der Toten von damals gedachten, hat große Symbolkraft und macht Hoffnung: Warum sollte nicht auch den scheinbar unversöhnlichen Kontrahenten heutiger Konflikte eines Tages die Versöhnung gelingen"