Lörrach Bissig, witzig und politisch

Ursula König
Zu gewinnen gab es ein Einhorn als Luftballon aus den Händen des Moderators Daniel Wagner. Foto: Ursula König

Burghof Slam mit meist jungen Autoren.  Viel Persönliches. Marvin Suckut siegt im Wettstreit.

Lörrach - Eintauchen in die Welt meist junger Autoren: Dafür steht der Burghof Slam, der mit seiner Frühjahrsausgabe am Donnerstag einen ebenso unterhaltsamen wie facettenreichen Abend bot.

Moderator Daniel Wagner erklärte zu Beginn die Regeln des traditionellen Poetry Slams. Selbstgeschriebene Texte dürfen eine Redezeit von sieben Minuten nicht überschreiten. Requisiten sind nicht erlaubt. Das Publikum stimmt mit seinem Applaus ab und kürt somit den Sieger des Abends.

Eisbrecher Daniel Wagner zieht es in die Kommunalpolitik, wie er eingangs behauptete. Seine Antrittsrede vor dem Heidelberger Gemeinderat stellte er schon mal im Voraus vor: bissig, witzig und mit politisch brisanten Details gespickt. Da zudem die Studentenzeit die schönste Zeit im Leben sei, setzt er sich für einen lückenlosen Übergang vom „Bafög“ zur Rente ein.

Paarweise arbeiteten die Poeten sich dem Finale entgegen, nahmen das Ausscheiden recht sportlich, so wie der Wettbewerb an sich recht „kuschelig“ sein kann, wie Wagner eingangs dem Publikum einschärfte. „Buh“-Rufe seien tabu. So könne jeder Poet mit Würde von der Bühne gehen. Dies mag vor allem dann seine Berechtigung haben, wenn die Texte sehr persönlich sind, was insbesondere bei den drei jungen Poetinnen der Fall war.

Neu in der Szene ist Juschka aus Haltingen. Sie will mit ihren „Liedern“ Kraft geben an jenen Tagen, wenn „nichts gut geht“. Laura Gommels Text zur Initiative „me too“ beschreibt die alltägliche sexuelle Belästigung als Nebel, der alles durchdringt. Sie fordert von Männern mehr als schöne Reden am Küchentisch. Chantal Riedener begibt sich auf die Suche nach dem „Quartier zum Nirvana“. Ihr Thema ist die Ambivalenz einzelner Menschen in Menschenmassen. „Die Angst, was passiert, wenn sich zwei Augenpaare versehentlich treffen“, steht für den Wunsch nach Anonymität, ebenso wie der „Hauch von Einsamkeit“ dankbar jedes Lächeln aufnehmen könne.

Plattformen wie Facebook wüssten mehr über uns, als wir selbst, sinniert Moritz Konrad zum Thema moderne Überwachung. „Was hätte die Stasi mit den heutigen Mitteln wohl gemacht, fragt er sich? Heute wüssten Eltern von jungen Mädchen anhand von Werbebotschaften, die ins Haus flattern, schneller über die Schwangerschaft ihres Kindes Bescheid, als dieses selbst. Algorithmen heißt hier das Schlüsselwort, mit dem wir Spuren im Internet hinterlassen, die leicht auszuwerten sind: „Ein bisschen so, als würden die Eltern das Tagebuch ihres Kindes lesen“. Doch auch er studiere gerne die Einkäufe Anderer im Supermarkt, um Aufschluss über deren Leben zu erhalten.

Der spätere Sieger Marvin Suckut hat „kein Verständnis von Schönheit“. Die meisten Probleme habe er mit Mode. Er folgert in seiner „Kritik der Konsumkritik“: „Vielleicht passen Ästhetik und ich einfach nicht zusammen.“

Wehwalt Koslovsky ist ein Urgestein unter den Slammern. Seine Erfahrung zeigt sich in wohlgeordneten Versmaßen, deren Inhalte raffiniert und teils bitterböse gestaltet sind. Die Ästhetik des gesprochenen Wortes hat bei ihm Priorität.

Ein spannender Abend mit Tiefgang vermittelte Botschaften, so wie Juschka: „Es gibt nicht immer eine Antwort auf eine Frage.“

Umfrage

Heizung

Der Ausbau des Fernwärmenetzes im Landkreis Lörrach nimmt Fahrt auf. Würden Sie, falls möglich, Ihr Haus an das Netz anschließen lassen?

Ergebnis anzeigen
loading