Lörrach Brillanter Wortwitz, geniale Musik

Die Oberbadische
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Kabarett : Jazzpianist Michael Krebs sorgt für gemütliche Tuchfühlung im Lörracher Burghof

Von Dorothee Philipp

Lörrach. Das Publikum im Burghof kann stolz sein. So viele verbale Streicheleinheiten wie von Michael Krebs hat es selten abgekriegt. Verwöhnt ist man diesbezüglich nicht, man denke nur an die snobistischen Schmähungen eines Willi Astor oder an die unverhüllten Drohungen gegen potenzielle Handyfotografen eines Ben Becker.

Im Gegenteil, Krebs liebt die Handys, er ist entzückt, wenn irgendwo ein Display aufleuchtet, er lässt die Leute bis zur Dreistimmigkeit mitsingen, und das machen sie echt gut. Ein Einschleimer also? Von wegen, gerade weil er so gut ist wie er ist, kann er sich das leisten und eine gute Portion Selbstironie dazu: „Immer nach dem Aufprall bring ich mein Auto zum Stehen.“

Michael Krebs ist ein 1a-Jazzmusiker, der erst später zum Kabarett gefunden hat, eher so über die Schiene seiner Lieder, aus denen ein messerscharfer Verstand und jede Menge Komik und Wortwitz blitzen. Und so wird dieser Auftritt eine ganz neue Mischung aus Musik und Text, der Mann am Klavier immer halb zum Publikum hingedreht, jederzeit um Aufstehen bereit, weil es zwischen den Textzeilen da und dort noch was zu erklären gibt.

Die Stimmung passt eigentlich eher in einen Kneipenkeller, wo gemütliche Tuchfühlung herrscht, aber Krebs bringt es fertig, dass dieses Flair auch im großen Burghofsaal zu spüren ist. Seine Themen sind die unserer Zeit, digitaler Wahnsinn mit einem „unbekannten Fehler“ im System, political correctness so lange bis nur noch Trauer und bitterer Ernst regieren, die Selbstgerechtigkeit der vegan-nachhaltigen Weltenretter – „an mir liegt’s nicht“ – die Generation Selfie und Twitter.

Und mit Musik wird das alles noch viel spannender. Wenn Krebs funkelnde Jazzgirlanden aus dem Flügel aufsteigen lässt, die Melodien mit harten Oktavgriffen nachmeißelt, dann wieder in einen verträumten weichen Sound verfällt, mit dem man auch Schubert-Lieder begleiten könnte, weiß man, dass man hier ein geniales Talent (mit Hochschulabschluss als Jazzpianist) vor sich hat, das auch auf dem schmalen Grat zwischen Wohlklang und Kitsch mit sicherem Tritt unterwegs ist.

Er kann es sich leisten, das Publikum in der Pause Zettel mit Wunschtiteln in einen Sektkühler zu werfen zu lassen, aus dem er dann im zweiten Teil auf der Bühne unter Aufsicht der ersten Reihe einige herausfischt. Ob wohl „Karl der Käfer“ dabei ist? Der müsste jetzt auch schon über 30 sein. Doch dann wird es eine explosive Mischung aus Helene Fischers „Atemlos“ und Rammstein, bei der man zeitweise um den Flügel fürchtet. Später als Zugabe dann wie gewünscht „Ihr Kinderlein kommet“ – zur Festanstellung in Bethlehems Stall.

Man könnte diesen Improvisationseskapaden stundenlang zuhören. Die Lichtshow ist unaufdringlich, aber hochprofessionell, auch sonst lenken keine Mätzchen ab. Krebs selbst macht einen auf netten Kerl in T-Shirt und kunstvoll vergammelter Jeans, außer dem Flügel kommt eine kleine Loop-Station zum Einsatz, sehr dezent, aber wirkungsvoll. Er lobt die Musikstadt Lörrach, vergibt ein „Triple-A-Rating“ für das Burghof-Team und lässt das Publikum mit seinem Wunsch nach „Hausverbot bei Aldi“, dem Song, mit dem er 1998 seinen ersten Wettbewerbspreis holte, nicht hängen.

Das „Lied aus der Zukunft“ bringt das Publikum auf Touren. „Das ist nicht das Wetter, das mir versprochen wurde – Lügenwetter, Lügenwetter“, die Menge lernt schnell. Zur Lügenpizza wütet das Klavier, dann kommen die Lügen-Hotline, und die Lügen-Eltern dran. Und zum Schluss, wenn es auch nicht der O-Saft ist, der mir versprochen wurde – die Lügenpresse. Der Song ist eine erstklassige Reklame für die neue „Arbeitsgruppe Zukunft“ mit Michael Krebs und befreundeten Musikern, die demnächst ihre erste CD vorlegen will. Auch die zweite Zugabe, das „Mädchen von der Jungen Union“ möchte man um keinen Preis verpasst haben.

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