Lörrach Brückenbauer zwischen Kulturen

Jürgen Scharf
Gegensätze zusammengefügt haben in ihrem Duokonzert Hille Perl und Murat Coskun. Foto: Jürgen Scharf

Verschiedene Aspekte des Musikmachens haben die Gambistin Hille Perl, Artist in Residence im Burghof, und der Perkussionist Murat Coskun in dem außergewöhnlichen Programm „Hier und Jetzt“ zusammengefügt.

Es war ein sehr spezielles Konzert im Burghof mit einem internationalen Programm, aufgeführt von zwei Brückenbauern zwischen Kulturen und Genres: der norddeutschen Gambistin Hille Perl und dem Freiburger Multiperkussionisten Murat Coskun. Er spielte Trommel, sie die eher leisen Klänge und langsamen Passagen.

Die Zeitreise

Das Programm war eine Reise durch die Zeiten. Es streifte mit Tobias Humes „Life and Death“ die elisabethanische Renaissance, mit Sainte-Colombe dem Älteren und Jüngeren die französische barocke Gambenszene, mit Padre Antonio Martin Y Coll, dem spanischen Franziskaner, die Welt von „La Folia“; andererseits mit Ali Ufki die osmanische Kultur des 17. Jahrhunderts am Hof in Konstantinopel. Es reichte bis zum zeitgenössischen italienischen Gambisten Paolo Pandolfo.

Weltmusikalische Pforten

Das Duo Perl und Coskun öffnete damit weltmusikalische Pforten. Die Gambistin mit tiefer musikalischer Hingabe, der türkischstämmige Trommler mit osmanischen Rhythmen. Mitgebracht hatte er ein ganzes Arsenal an Schlaginstrumenten, Rahmentrommel, Tambourin, Hang, auch orientalische Klangwerkzeuge. Zu hören war eine Mischung, die sowohl historisch authentisch als auch im Bereich der spontanen Improvisation angesiedelt war.

Auch wenn sich die beiden Musiker eigentlich in unterschiedlichen musikalischen Sprachen bewegen, stimmte die Chemie zwischen den beiden. Augenkontakte, Zuhören und Aufeinander-Eingehen war hier eins bei den Werken, die nicht alle ausnotiert sind und bei denen über das Tonmaterial, den Modus und die rhythmische Struktur frei improvisiert wurde. Perl und Coskun spielen zwar nicht so oft im Duo, aber zusammen in einem Barockconsort oder im Trio mit Perls Mann, dem Lautenisten Lee Santana. Man merkt schon beim Einführungsgespräch, dass sie sich auch menschlich gut verstehen.

Hille Perl zeigt, dass Gambe nicht nur alte Musik kann, sondern vielfältig einsetzbar ist – auch in der Neuen Musik. Sie hatte zwei Gamben dabei, brachte verschiedene Klangaspekte ein, indem sie die Eigenart einer modernen, elektrisch verstärkten Gambe dem gewohnten Klangbild einer alten historischen Gambe gegenüberstellte. Damit verdeutlichte sie den Kontrast zwischen diesen Instrumenten in einem Block mit zwei Sätzen aus einer Bach-Suite und einem modernen Stück.

Für ihre Wiedergabe wählten die Interpreten einen überzeugenden Mittelweg zwischen stilgerechter Aufführungspraxis (Perl) und lebendigem, aus dem Augenblick geborenem Musikantentum (Coskun).

Grenzüberschreitungen

Das waren Grenzüberschreitungen, bei denen die Zuhörer ihre tradierten Hörgewohnheiten hintan stellten mussten und dies auch gerne taten. Denn die Musik hatte, gerade wenn die orientalische Perkussion mit einsetzt oder Coskun einmal ein türkisches Lied über die Vergänglichkeit singt, etwas Suggestives, ja sogar eine gewisse hypnotische Wirkung.

Und so schafften es Perl und Coskun, bei diesem Gang durch die Jahrhunderte mit den gegensätzlichen Musikkulturen das recht zahlreiche Publikum anderthalb Stunden ohne Pause „abzuholen“.

Artist in Residence

Dies gelang auch am Vormittag beim Trommel- und Gambenworkshop, den die Artist in Residence im Burghof und der Reinhold-Schneider-Preisträger der Stadt Freiburg in der Sparte Musik für eine Klasse der Realschule gaben.

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