Lörrach CDU in stürmischen Zeiten

Bernhard Konrad/Michael Werndorff
Annegret Kramp-Karrenbauer Foto: sba

Politik: Politiker aus der Region zu Kramp-Karrenbauers Ankündigung

Lörrach  - Die nach der Thüringen-Wahl abermals in die Kritik geratene CDU-Chefin gibt auf:  Annegret Kramp-Karrenbauer verzichtet auf eine Kandidatur als Kanzlerkandidatin und will auch den Vorsitz bald abgeben, wie sie gestern bekannt gab. Hintergründe sind der Ausgang der Thüringer Landtagswahl und „ein ungeklärtes Verhältnis von Teilen der CDU mit AfD und Linken“.

Passend zum aktuellen Sturmtief „Sabine“ sah Ulrich Lusche, CDU-Fraktionsvorsitzender im Lörracher Gemeinderat, die Volkspartei „in stürmischen Zeiten“. Kramp-Karrenbauer sei immer wieder nicht nur von „außen“, sondern auch von „innen“ kritisch angegangenen worden. Nachdem klar gewesen war, dass ihr Wort als Parteivorsitzende in Thüringen „nicht das Gewicht hatte, das es haben sollte“, habe sie die Konsequenzen gezogen. Indes sei er keineswegs sicher, ob die zu Tage tretenden „strukturellen Probleme“ durch einen Wechsel an der Führungsspitze ausgeräumt werden könnten, sagte Lusche. Denn: Während die verschiedenen innerparteilichen Strömungen in der Vergangenheit noch in Einklang gebracht werden konnten, „werden die Fliehkräfte nun deutlicher“.

Ulrike Krämer, Stadtverbandsvorsitzende in Lörrach, zeigte sich gegenüber unserer Zeitung „im ersten Moment geschockt“ von der Entscheidung. Gleichwohl habe sie Verständnis für diesen Schritt Kramp-Karrenbauers. In den vergangenen Wochen habe enormer Druck auf der Parteivorsitzenden gelastet. Diese habe zuletzt in der ein oder anderen Situation zwar „nicht ganz glücklich agiert“, dennoch sei insbesondere mit Blick auf die Ereignisse in Thüringen klar gewesen, dass es in diesem Fall „kaum etwas zu gewinnen, aber leicht etwas zu verlieren gab. Es war zweifelsohne sehr schwer, dort eine Lösung herbeizuführen“, sagte Krämer. Sie bedaure die Ankündigung – aber: „Diesen Druck hält auf Dauer niemand aus.“

„Ich habe AKK vor gut einem Jahr mit einem Vertrauensvorschuss als Parteivorsitzende unterstützt. Deshalb finde ich die Entwicklungen innerhalb dieses Jahres sehr bedauerlich – ich hätte es ihr wirklich anders gewünscht!“, teilt der heimische CDU-Bundestagsabgeordnete Armin Schuster auf Nachfrage unserer Zeitung mit. Die Umfragewerte für AKK waren aber in letzter Zeit so niedrig, dass eine Kanzlerkandidatur immer unwahrscheinlicher geworden ist. In dieser Situation kann ich ihren Schritt nachvollziehen. Sie hatte schwerste Zeiten zu meistern und übernimmt jetzt Verantwortung für die Zukunft der CDU, davor habe ich großen Respekt“, erklärt der CDU-Politiker. Ein „weiter so“ hätte der Partei nicht gut getan.  

Auf die Frage, wie es mit der CDU nun weitergehe, erklärt Schuster: „Der Übergang von Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur sollte zügig erfolgen. Die nächsten Wochen werden zeigen, wer überhaupt ernsthaft den Parteivorsitz anstrebt und die nötigen Voraussetzungen sowie den innerparteilichen Rückhalt mitbringt. Es mangelt ja erkennbar nicht an Kandidaten. Auf einen potentiellen Nachfolge-Kandidaten festlegen werde ich mich dann nach den Beratungen mit meinen CDU-Kreisverbänden.“ 

Angesprochen auf eine Zerreißprobe der Partei angesichts eines ungeklärten Verhältnisses von Teilen der CDU mit der AfD und den Linken äußert sich der Bundestagsabgeordnete folgendermaßen: „AKK gibt uns jetzt die Chance, mit einem personellen Neustart an der Parteispitze wieder ein souveräneres Selbstbild, eine klarere gemeinsame Haltung – auch im Verhältnis zu Linken und AfD – zu erarbeiten.“ Die Beschlusslage der CDU verbiete eine Zusammenarbeit sowohl mit der Linken als auch mit der AfD. Dieser für die CDU richtige moralische Anspruch habe den politischen Realitäten in Thüringen nicht Stand gehalten. „Die Bundespartei hätte die thüringische CDU in dieser Zwickmühle viel stärker unterstützen müssen und muss nun dafür sorgen, dass sich so ein politisches Erdbeben nicht wiederholen kann“, erklärt Schuster abschließend.

Der Rückzug AKKs war schon länger absehbar. Das Management in der Thüringen-Krise war einfach nicht überzeugend“, teilt FDP-Bundestagsabgeordneter Christoph Hoffmann mit. Das Verhältnis zur AfD und den Linken habe die CDU nicht vollständig geklärt. Aber es sei nicht die Zeit für Schadenfreude oder Anfeindungen unter Demokraten. „Im Gegenteil: Wir brauchen Koalitionen der Vernunft unter Demokraten jenseits des Parteien-Gedöns, um die Gefahr der Extremen von links und vor allem von den Nazis abzuwehren. Mit rot-rot-grünen Minderheitsregierungen wird es nicht stabiler und die Extreme rechts sicher nicht schwächer. Es geht um unser Land“, erklärt der Liberale.

"Es war zu erwarten, dass der Thüringen-Eklat bis Berlin durchschlägt. Frau Kramp-Karrenbauer handelt konsequent, ich wünsche ihr alles Gute“, teilt der Grünen-Bundestagsabgeordnete Gerhard Zickenheiner mit. Doch durch die Ankündigung ihres Rückzugs sei noch nichts gelöst. „Es ist eine dramatische Situation für Deutschland, welche die Gefahr birgt, dass jetzt ein noch größeres Machtvakuum entsteht. Die Lücke muss zügig und konsequent geschlossen werden. Die Nachfolge AKKs wird auch die Zukunft der Partei prägen: Die CDU zeigt nun hoffentlich, dass sie eine konservativ-demokratische Partei ist, die sich klar auf allen Ebenen von der AfD abgrenzt.“ Dazu gehöre auch, dass endlich auch eine deutlich abgrenzende Haltung zur Werte-Union gefunden wird.  Die Union stehe vor einer Richtungsentscheidung und müsse klären, wie sie unter diesen Bedingungen eine stabile Regierung tragen kann. „Alle Parteien sind jetzt gefragt, nicht parteistrategisch zu taktieren, sondern der AfD klare Kante zu zeigen. Das erwarte ich nach den – gelinde gesagt – zweifelhaften Äußerungen auch aus der Parteispitze der FDP.“

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