Lörrach Das Herz redet mit Gott

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Interview: Pastor Stefan Heeß spricht über die Bedeutung des Betens / Umfangreiches Programm bei der Gebetswoche.

In diesen Tagen  (14. bis 20. Januar) lädt die Evangelische Allianz zu einer weltweiten Gebetswoche ein. Auch in Lörrach gibt es ein großes Programm. Susann Jekle hat mit Stefan Heeß, Pastor bei der Evangelischen Stadtmission Lörrach und Mitorganisator der lokalen Veranstaltungen, über das Thema „Beten“ gesprochen.

Wird im 21. Jahrhundert noch gebetet?
Ich würde sagen: mehr denn je. Vielleicht weniger kirchlich, aber sehr existentiell. Denn wenn Gebet die Sprache des Herzens ist, so wird bei vielen Menschen ein Schrei des Herzens zum Gebet. Wir Menschen merken, dass wir oft nicht alleine mit unseren Sorgen zurechtkommen.   Ein Psalm lädt dazu ein: „Schüttet euer Herz vor ihm aus, liebe Leute“. Ich glaube, dass es ein innerstes Bedürfnis des Menschen ist, zu beten. Interessanterweise auch von Menschen, die nicht christlich oder religiös vorgeprägt sind. Da gibt es in unseren Herzen eine Art Sensor, der uns zum Beten bringt. Im Gebet liegt eine Kraftquelle, die in die Tat führt. Das kann man für sich selbst, aber auch in der Gemeinschaft erleben.

Gibt es Regeln, wie man beten soll?
Vom christlichen Verständnis her ist die Grundüberzeugung, dass das Gebet ein Gespräch mit Gott ist. Luther drückte es damals schon so aus: „Gebet ist ein Reden des Herzens mit Gott.“ Gäbe es eine Grundregel für das Beten, dann wohl diese: „Sei ehrlich vor Gott und sage, was Dir auf dem Herzen liegt“. Es gibt unterschiedlichste Formen des Gebets. Inhaltlich gibt es zum Beispiel das Dank-, Bitte- oder Fürbittegebet.   Das Gebet ist wesentlich geprägt vom Verständnis, dass Gott uns durch Jesus eine Beziehung mit ihm ermöglicht. In jeder Beziehung gibt es Kommunikation auf die unterschiedlichste Art und Weise. Glaube heißt, in einer vertrauensvollen Beziehung mit Gott und der Welt zu sein. Dazu gehört das Gebet natürlicherweise.

Kommt der Begriff „beten“ von bitten?
Die Begriffe hängen sicherlich miteinander zusammen. Wer betet, der bittet auch. Die Bitte kommt einem am schnellsten über die Lippen, wenn die Not am größten ist. Auf der anderen Seite gibt es Leute, die im Gebet ihren Dank ausdrücken.

Soll man ausschließlich zu Gott beten?
Wenn das Gebet ein Gespräch ist, dann lautet die Frage „Mit wem rede ich?“.  Jesus sagt, „Wenn ihr betet, dann betet so: Unser Vater im Himmel“. Also kann man sich Gott als gutes, väterliches Gegenüber vorstellen. Ein Gebet ist kein Mantra, das ich wiederhole, ob es ein Gegenüber gibt oder nicht. Das Gebet ist Ausdruck einer Beziehung, einer Kommunikation. Insofern überlege ich mir sehr gut, mit wem ich da rede. Manche Leute sagen, sie beten nicht, weil sie das Gefühl haben, das Gebet gehe nur bis zur Decke und das war’s. Ich sage gerne, wie froh ich bin, dass Gott nicht über der Decke wohnt, sondern dass er allgegenwärtig ist. Deswegen kann ich überall und zu jeder Zeit mit ihm reden. Wenn ich denjenigen entdeckt habe, der mein Herz erfüllt, dann brauche ich nicht zu 50 anderen beten.

Was ist das Besondere an der weltweiten Gebetswoche der Evangelischen Allianz?
Das Besondere ist sicher, dass ein gemeinsamer Zeitraum gewählt wurde, in dem sich rund um den Globus Christen unterschiedlichster Konfessionen und Prägungen treffen, um gemeinsam zu beten. Die Gebetswoche ist geprägt vom Gedanken der Evangelischen Allianz, wobei evangelisch nicht einfach nur konfessionell zu verstehen ist, sondern vor allem inhaltlich. Die Gestaltung der Woche ist immer ein spannender Kompromiss. In dieser Woche kommen wir zusammen, um für vieles zu danken und zu beten, auch um zu klagen über die Not der Welt. Oft wird daraus auch ein Segensgebet für jene, die dagegen angehen und sich für andere einsetzen. Zu unserer Allianz gehören auch viele Werke und Menschen, die sich immens sozial engagieren und so glaubwürdig das Gebet mit der Tat verknüpfen.

Das übergeordnete Thema ist „Unterwegs“. Was hat es damit auf sich?
„Unterwegs“ ist der Gedanke, dass wir Menschen immer nur auf der Durchreise sind. Allein schon unser Alterungsprozess macht deutlich, dass niemand ewig lebt. Unterwegs zu sein ist nur ein anderer Begriff dafür, wie wir leben. Leben wir in der Haltung, dass wir hier sind um alles nur auszunützen, oder leben wir verantwortlich vor Gott und den Menschen? Es hat ungeheuer viele Facetten: Unterwegs sein heißt auch, dass wir nicht alleine sind, sondern Teil einer Schöpfung. Das soll der rote Faden der Gebetswoche sein.

Welche Programmpunkte gibt es während der Gebetswoche in Lörrach?
Es gibt eine bunte Vielfalt. Klassisch sind die Gebetsabende in unterschiedlicher Form. Am Montag gab es einen recht frei gestalteten, von Lobliedern geprägten Abend, am Mittwoch ein liturgisches Gebet. Heute  gibt es bei uns in der Stadtmission ein Gebetskonzert. Am Samstag gibt es in der Freien evangelischen Gemeinde Angebote für Familien, wo auch kreativ Räume geschaffen werden, in denen Menschen zum alleine und gemeinsamen Beten motiviert werden.

Am Mittwoch stand „Senioren beten“ auf dem Plan, am Freitag das „Gebet der jungen Generation“. Inwiefern beten Senioren anders als Jugendliche?
Das ist so ähnlich wie die Frage, wie Senioren miteinander sprechen und wie Jugendliche miteinander sprechen. Bei Jugendlichen geht es sicher viel moderner zu, Musik spielt eine große Rolle. Senioren sind in allem ein wenig gesetzter, vielleicht auch nüchterner. Die Weisheit der Alten und die Begeisterung der Jungen zusammenzuführen, ist wichtig. Für junge Leute ist es außerdem wichtig, mit einem Gott zu leben, der nicht weltfremd ist und ihre Sorgen kennt.

Was kann man sich unter einem Gebetskonzert vorstellen, wie es heute Abend stattfindet?
In unserem Flyer steht ein Zitat von Martin Luther: Wer singt, betet doppelt. Musik ist wie das Gebet eine Sprache unseres Herzens. Beim Gebetskonzert nehmen die Künstler das Publikum mit hinein in einen Gebetsabend. Es geht nicht nur um die Show. Es kann sein, dass zwischendurch Gebete gesprochen werden, das muss aber nicht sein.
Sefora Nelson, die heute Abend auftritt, hat einige Lieder geschrieben, die einen starken Gebetscharakter haben. Eines ihrer Lieder heißt „Lege deine Sorgen nieder“ – darin bringt sie zum Ausdruck, dass sie Dinge bei Gott abladen kann, um befreiter zu leben. Ein christliches Konzert ist immer ein Stück weit Gebetskonzert. Es geht darum, sich für Gott zu öffnen.

- Die Gebetswoche dauert noch bis zum 20. Januar:
Donnerstag, 20 Uhr: Gebetskonzert mit Sefora Nelson in der Stadtmission.
Freitag, 20 Uhr: Gebetsgottesdienst der jungen Generation in der  Chistuskirche.
Samstag, 10 bis 18 Uhr: Gebetsgarten für Kinder und Familien bei der Freien evangelischen Gemeinde.

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