Lörrach Den Spiegel vorgehalten

Die Oberbadische
Kaleb Erdmann überzeugte das Publikum im Alten Wasserwerk am meisten. Foto: Anja Bertsch Foto: Die Oberbadische

Poetry-Slam: Unterhaltsam-wortreicher Schlagabtausch

Von Anja Bertsch

Lörrach. Lakonische Alltagsbetrachtungen oder persönliche Innenschau, pointiertes Wort-Stakkato oder blumiges Satzgeschwader: Beim Poetry Slam als modernem Dichterwettstreit ist erlaubt, was Dichter gefällt. Wie′es tatsächlich gefällt, entscheidet das Publikum in basisdemokratischer Abstimmung per klatschendem Handzeichen. Auch in Lörrach hat das wortschwangere Veranstaltungsformat längst eine breite Anhängerszene aus Dichtern und Zuhörern. Am Freitag traf sie sich im Alten Wasserwerk zum unterhaltsam-wortreichen Schlagabtausch.

Den Rahmen für diese jüngste Lörracher Poetry-Slam-Auflage steckte der „Tag der Demokratie“, der am Freitag zelebriert wurde. Den Verbindungsmann gab dabei Niklas Ehrentreich alias Nik Salsflausen: Eben noch hatte er als Gustav Struve vor dem Alten Rathaus die Republik ausgerufen; nun also gab er beim Poetry-Slam den wortgewandten Anheizer mit klaren Ansagen („Respect the Poets“), und den unbestechlichen Schiedsrichter, der die feinen Nuancen der unterschiedlichen Begeisterungsbekundungen in eine klare Rangfolge brachte. Schließlich konnten′es unter den neun Teilnehmern nur drei ins Finale schaffen, und letztlich nur einer auf den Dichterthron.

Über einen langen Abend hinweg performte auf der Bühne ein lebendiger Mix aus abgeklärten Routiniers und mutigen Novizen, die über das dicht gewebte Poeten-Netzwerk teils vom andren Ende der Republik nach Lörrach gespült worden war, teils direkt aus der Nachbarschaft heraus die Bühne enterten.

Der über den Zusammenhang mit dem „Tag der Demokratie“ aufgespannte politische Bezug war nun nicht bei allen Beiträgen der titel- und themengebende Ankerpunkt: Ins dadaistische abdriftende Tinder-Impressionen, lakonisch-urkomisch dargebrachte Leidenserfahrungen mit online-gehenden Müttern oder die Innenschau eines Copyshop-Bediensteten mit Borderline-Tendenzen sorgten für ganz unpolitisches Wortvergnügen.

Das Rennen aber machte mit Kaleb Erdmann aus Frankfurt dann doch einer, der die politische Ansage in seinen Texten so unterhaltsam wie hintersinnig verpackt: „87 Prozent der Deutschen fressen keine kleinen Kinder. Danke dafür“, formuliert Erdmann etwa in sarkastischer Analogie zu den (Nicht-)Stimmenprozente der AfD bei der Bundestagswahl, und hält seinen Zuhörern dabei einen Spiegel vor, in dem manch einer sich im allzu bequemen Schulterklopfen innerhalb der eigenen politisch korrekten Filterblase wiedererkennen mag. Das Publikum dankt′es mit tosendem Applaus.

Umfrage

Bettina Stark-Watzinger

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger hat sich für Zivilschutzübungen an Schulen ausgesprochen. Damit sollen Schüler besser auf den Kriegsfall, Pandemien und Naturkatastrophen vorbereitet werden. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading