Lörrach Der Burggeschichte auf der Spur

Markus Greiß
Sven Schomann (Bildmitte, dunkle Jacke) und sein Publikum auf der Oberburg. Foto: Markus Greiß

Historie: Führung gibt Einblicke ins mittelalterliche Leben auf der Burg Rötteln.

Lörrach - Es war für mittelalterliche Verhältnisse ein echter Palast, der Ende des 15. Jahrhunderts auf der Röttler Burg stand: Kemenaten wärmten unter anderem den prachtvollen Audienzsaal im zweiten Obergeschoss. Ein angebauter Abortturm sorgte dafür, dass es nicht zum Himmel stank. Und Tierhäuten oder hölzernen Abdeckungen in den Fensteraussparungen war es zu verdanken, dass der Wind nicht durch die Gemäuer pfiff. Ganz anders als bei der Burgführung am Samstag, bei der Sven Schomann bei Wind und Wetter rund 25 Gästen die spannende Entstehungsgeschichte des Lörracher Wahrzeichens näherbrachte und dabei besonders viel Zeit auf diesen „Palas“, den historischen Wohnbau der Anlage, verwandte.

Der Historiker, der seit 20 Jahren zu Rötteln forscht und die Texte zur aktuellen Ausstellung im Dreiländermuseum beigesteuert hat, führte sein Publikum jedoch zunächst an die nördliche Stirnseite der Burg, um den Schutz dieser „Hauptangriffsseite“ zu erläutern. Deren bis zu 2,70 Meter dicke Mauern waren so konstruiert, dass sie einem Beschuss mit mittelalterlichen Katapulten standhalten konnten. Und der direkt dahinter postierte viereckige Wehrturm wurde um 45 Grad gedreht, um potenziellen Angreifern nur eine Ecke und nicht die ganze Breitseite zu offenbaren.

Die Geschichte von Rötteln, das sich vom Althochdeutschen „Raudinleim“ (Roter Lehm) herleitet, lässt sich nur mit Mühe rekonstruieren, weil das Burgarchiv während des Bauernkriegs 1525 geplündert wurde. Die Burg wird erstmals in einem erhaltenen Lehensverzeichnis von 1259 erwähnt, muss aber älter sein.

In der Oberburg führte Schomann seinen Zuhörern vor Augen, wie sich die Historiker über Indizien – Schraffierungen auf Steinquadern, Bohrlöcher für Hebewerkzeuge und typische Fensterformen – die Entstehungsgeschichte erschlossen haben. Gesichert scheint, dass der als Burgfried, Harnischkammer und Gefängnis genutzte „Grienturm“ etwa ab 1170 in kurzer Zeit gebaut wurde. Ganz anders der Palas, der in drei bis fünf Bauphasen zwischen 1200 und 1471 entstand. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts schmückten wertvolle Tapisserien die Wände. Sie wurden unter Markgraf Rudolf IV. in einer burgeigenen Manufaktur hergestellt, dienten als Wärmedämmung und Statussymbole und zeugten von Rudolfs engen Beziehungen zum burgundischen Hof.

Nach dem Tod seines Sohnes Philipp (1503) verlor die Burg an Bedeutung. Sie fungierte weiter als Verwaltungssitz, bis sie schließlich 1678 im Holländischen Krieg zerstört wurde.

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading