Lörrach Der Burghof ist für alle offen

Gabriele Hauger
 Foto: Gabriele Hauger

Kultur:  Timo Sadovnik setzt auf Kulturvermittlung und will programmatische Bezugspunkte schaffen

Es sind wahrlich keine einfachen Zeiten für den Kulturbetrieb. Und so steht auch der Lörracher Burghof vor einer herausfordernden neuen Saison. Diese startet am Samstag mit einer großen und vielversprechenden Soul-Stimme: der Niederländerin Sharon Kovacs.

Von Gabriele Hauger

Lörrach. Karten gibt es noch. Auch das ein Zeichen dafür, dass es nach zwei Corona-Jahren keineswegs selbstverständlich ist, dass die Zuschauer zu Kulturveranstaltungen strömen. Und es kommen weitere Herausforderungen hinzu. „Auch wir sind von Spar-Ambitionen betroffen, sollen Kosten und Verbrauch reduzieren“, sagt Burghof-Geschäftsführer Timo Sadovnik. Dicke Anoraks im Konzertsaal soll es aber nicht geben.

Und dann ist da noch das große Thema Krieg, der „erschütternde Blick in die Welt“. Doch gerade Kultur könne dazu beitragen, dass die Menschen wieder Kraft schöpfen, findet Sadovnik. „Kultur hat enorm viel Potenzial, bietet einen Dialograum und die Möglichkeit, sich auszutauschen, zu genießen, zu entspannen.“

Kultur sollte aber auch einen inhaltlichen Bezug zum Zeitgeschehen entwickeln. Dafür stehe beispielsweise ganz aktuell die Installation an der Foyer-Fassade des Burghofs von der ukrainischen Künstlerin Daria Koltsova (wir berichteten) oder die Reihe „Wintergäste“, die Literatur des russischen Kreml- und Oligarchen-Kritikers Vladimir Sorokin aufgreift.

Gut aufgestellt

Mit dem neuen Burghof-Programm (wir berichteten) sieht der Burghof-Chef das Haus gut aufgestellt: mit seiner Mischung aus viel Musik in unterschiedlichen Stilformen, Shows, Theatermischformen, Kinderprogramm, Tanz und dem umfangreichen Kabarett-Angebot.

Kulturvermittlung

Der Großteil der neuen Burghof-Saison war bereits vor Sadovniks Start aufgegleist, Akzente setzt der neue Geschäftsführer aber durchaus. Neu wird der Fokus auf die Kulturvermittlung gelegt. Ausgewählte Aufführungen sollen für bestimmte Zielgruppen zugänglich und interessanter gemacht werden: vom Kind bis zum Senior.

Künstlergespräche gab es schon früher im Burghof, die Kulturvermittlung wurde indes zusammengespart, erklärt Sadovnik. „Das will ich neu ausrichten.“ Ganz getreu dem schon seit Bestehen des Burghofs immer wieder eingeforderten Leitspruch: Der Burghof ist für alle da.

So gibt es Künstlergespräche speziell für Schulklassen. Für Jugendliche wird es einen Poetry-Workshop geben. Senioren des betreuten Wohnens können eine offene Probe mit dem Basler Sinfonieorchester erleben, und auch für Schüler soll klassische Musik zugänglicher werden – zum Beispiel durch eine offene Probe des Freiburger Barockorchesters. Für Tanzaffine ein Knaller: ein Workshop mit der italienischen Tanzkompanie Aterballetto.

In den Workshops kann man direkt mit den Akteuren arbeiten, Texte verfassen oder mit Instrumenten umgehen. Dadurch komme man den Künstlern hautnah, könne im Anschluss eine Aufführung ganz anders wahrnehmen, sagt Sadovnik.

Diese bereits fixen Angebote sollen ausgeweitet werden: Wichtig: „Jeder kann mitmachen.“ Die Kunstvermittlung wendet sich an alle Gesellschafts- und Altersschichten, auch an Menschen mit Behinderung. Sie hat aber genauso das klassische Publikum im Blick, das auf einer neuen Ebene angesprochen werde. „Wir wollen ja keine Sonderpädagogik bieten“, erklärt Sadovnik.

Die in der Vergangenheit immer wieder beklagte Distanziertheit des Burghofs dürfte sich bei all denjenigen auflösen, die das Angebot einer Hausführung annehmen. Man kann dabei sehen, wie der Hausbetrieb funktioniert, was hinter den Kulissen passiert, wie es Backstage aussieht.

Regionale Akteure

Programmatisch möchte der künstlerische Leiter mehr regionale Akteure einbinden wie schon diese Saison mit dem Konzert der Begabtenförderklasse der Musikschule. Und er visiert neue Formate mit elektronischer Stilmischung an, die sich auch an ein jüngeres Publikum wenden.

Einen Weg zurück in alte Normalität sieht Timo Sadovnik nicht. Den will er auch gar nicht. „Der Kulturbetrieb muss sich bewegen und hinterfragen. Und er muss Bezugspunkte zu den Bedürfnissen der Menschen schaffen.“ Ein Weg, den der ambitionierte Burghof-Chef zielgerichtet verfolgt.

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